Ein Glücksfall für die Universität

3. Dezember 2015

Seit 1781 existiert der Mainzer Universitätsfonds. Er überstand die Schließung der alten kurfürstlichen Universität unter Napoleon und die beiden Weltkriege. Sein Kapital steckt in Mietwohnungen und Baugrundstücken, vor allem aber in attraktiven Ackerflächen und Weinbergen. Mit seinen Erträgen liefert der Fonds einen wichtigen Baustein für die Unterstützung von Forschung und Lehre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU).

"Was die Stiftung Mainzer Universitätsfonds angeht, sind wir eine reiche Universität", sagt Dr. Waltraud Kreutz-Gers. "Es gibt natürlich Hochschulen, die finanziell besser gestellt sind als wir", räumt die Kanzlerin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein, "aber über solch einen Fonds verfügen nur ganz wenige."

Es begann 1781, als Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal beschloss, der damals reichlich heruntergewirtschafteten alten Mainzer Universität, gegründet 1477, ein solides finanzielles Fundament zu verschaffen. In Absprache mit dem Papst verfügte er die Auflösung der drei Stadtmainzer Klöster Altmünster, Reichenklara und Kartause.

Am 16. November 1781 um 9 Uhr morgens fuhren die extra bestellten kurfürstlichen Kommissare in den Klöstern vor und setzten die Aufhebung quasi im Handstreich um. "Nach einer Stunde war die Aktion ordnungsgemäß durchgeführt", berichteten die Zeitungen. "Die Mainzer Universität kam noch am selben Tag zusammen und stattete dem Kurfürsten Dank für seine unvergessliche Schenkung ab."

Weinberge für die Hochschule

Die Klöster fielen "mit all ihren Gütern" an die Universität. Diese Klausel war wichtig, denn die drei Klöster besaßen ausgedehnte landwirtschaftliche Flächen im Umland. Vor allem ihre Weinberge waren wertvoll. Vom dort erwirtschafteten Wein ist immer wieder die Rede, wenn es um die Erlöse der Besitzungen geht.

"Bis heute besteht der Hauptbesitz des Fonds aus landwirtschaftlichen Flächen", berichtet Kreutz-Gers. Über gut 850 Hektar verfügt die Stiftung Mainzer Universitätsfonds, davon 800 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen, darunter weiterhin viele Weinberge. "Außerdem besitzt die Universität über 400 Erbbaurechtsgrundstücke in der Stadt Mainz und in Rheinhessen. Und wenn das Haus am Schloss fertig gestellt ist, zählt der Universitätsfonds insgesamt rund 200 Mietwohnungen."

Das Haus am Schloss ist das große aktuelle Bauvorhaben im Auftrag des Fonds. Der Neubau in direkter Nachbarschaft des Kurfürstlichen Schlosses mit seinen 33 Wohnungen und Gewerbeflächen im Erdgeschoss steht kurz vor der Vollendung.

Kreutz-Gers ist als Kanzlerin der JGU zugleich Vorstandsvorsitzende des Fonds. Als sie am 1. September 2013 ihr Amt antrat, kümmerte sie sich auch um die Führungsstruktur des Fonds. "Es ging mir darum, de facto die Verantwortung für die verschiedener Geschäftsfelder auf mehrere kompetente Schultern zu verteilen", meint sie mit Blick auf den vierköpfigen Vorstand.

80 Millionen Euro Kapital

Insgesamt verfügt die JGU über knapp 100 Millionen Euro Stiftungskapital. Der Löwenanteil davon, nämlich 80 Millionen, ist unter dem Dach der Stiftung Mainzer Universitätsfonds zusammengefasst. "Die Erträge des Universitätsfonds kommen Forschung und Lehre zugute, das ist der erklärte Stiftungszweck. Seit 1965 flossen 27 Millionen Euro in die Universität. Dabei sind in den letzten Jahren die Erträge erfreulich gestiegen. Das Jahr 2014 war mit 1,8 Millionen Euro mit Abstand das beste Jahr."

Dass der Universitätsfonds die wechselvollen Jahrhunderte überlebte, ist eine Geschichte für sich. Ende des 18. Jahrhunderts besetzten die Franzosen Mainz. Unter napoleonischer Herrschaft wurde die Universität 1798 offiziell aufgehoben. Doch der Universitätsfonds blieb. Zwar flossen die Erlöse in neue Kanäle, zeitweise wurden Schulen unterstützt, doch im Kern blieb der Fonds erhalten.

Im Jahr 1946 wurde die Mainzer Universität auf Initiative der Franzosen wiedereröffnet. Auf dem Gelände einer alten Flakkaserne über der Stadt entstand die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zwei Jahre später, am 9. April 1948, bekam die junge Hochschule die Dienstaufsicht über die Verwaltung des Mainzer Universitätsfonds zugesprochen.

"Der Hochschulfonds spielte in der Nachkriegszeit eine wesentliche Rolle, als es darum ging, das Gelände der Universität zu vergrößern", erzählt Kreutz-Gers. Den benachbarten Landwirten wurden Ackerland und Weinberge aus Fondsbesitz im Tausch angeboten. Oft machten sie damit satte Gewinne. Aber nur so konnte der Campus wachsen.

Flexibler wirtschaften

Diese turbulenten Zeiten allerdings sind vorbei. Heute ist der Fonds eine selbstständige, rechtsfähige, gemeinnützige Stiftung des öffentlichen Rechts. "Wir wirtschaften sehr vorsichtig und zurückhaltend. Wir machen keine Risikogeschäfte." Die Veräußerung von Fondsbesitz bleibt eher die Ausnahme. "In Zeiten der Finanzierungskrise gab es den verständlichen Wunsch von Hauseigentümern, die Erbbaurechtsgrundstücke zu kaufen. Das mussten wir aus wirtschaftlichen Erwägungen ablehnen."

Die Millionenerträge aus dem Fonds fließen also, solide und zuverlässig. "Im Verhältnis zum Gesamthaushalt der Universität wirken sie vielleicht nicht besonders hoch, sie sind aber sehr wichtig", meint Kreutz-Gers. Insgesamt liegt der reguläre Kernhaushalt der JGU bei rund 250 Millionen Euro im Jahr, die aus dem Landeshaushalt kommen, ohne Sonderfinanzen und Drittmittel. "Der Großteil ist natürlich fest verplant."

Mit den Erträgen aus dem Fonds kann dagegen flexibler auf dringende Bedürfe reagiert werden. "Wir planen zum Beispiel einen Multifunktionsbau am Philosophicum, in dem wir das Personal unterbringen werden, das wir über den Hochschulpakt zusätzlich eingestellt haben. Aus den regulären Mitteln wäre das nicht möglich gewesen." Hier sind die Erträge des Universitätsfonds sehr hilfreich.

Der Fonds ist fest eingebunden in die Stiftungsstrukturen der JGU. Er ist aber auch die Trumpfkarte einer Universität, deren Kanzlerin genau rechnen muss. "Schauen Sie sich beispielsweise nur unsere laufenden Sachausgaben an. Die hierfür zur Verfügung stehenden Landesmittel sind seit zehn Jahren kaum gewachsen." Und das bei ständig steigenden Kosten etwa für Bücher und elektronische Medien oder für Energie.

"Der Universitätsfonds macht uns etwas freier in einer Zeit, in der die Mittel knapp sind", sagt Kreutz-Gers. "Er ist ein Glücksfall für unsere Universität."