Stürmische Böen zu Rosenmontag

5. April 2016

Sebastian Schappert hat Meteorologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) studiert. Seit einem Jahr arbeitet er in Offenbach beim Deutschen Wetterdienst und wurde gleich an seinem ersten Tag für einen Wetterbericht vor die Kamera beordert. Der 28-Jährige erzählt mit Begeisterung von seinem vielseitigen Studium in Mainz und dem ebenso abwechslungsreichen Job als Wetterfrosch.

Es ist ein freundlicher Tag. Die Sonne scheint bei +6 Grad Celsius, es weht kaum ein Lüftchen. Am Horizont türmen sich ein paar dunkle Wolken. Im Grunde wäre das nicht weiter erwähnenswert – Wetter eben. Doch wenn es um das Treffen mit einem Meteorologen geht, rücken solche Fakten unweigerlich in den Mittelpunkt. Drei Tage zuvor hatte Sebastian Schappert noch gemailt: "Es sollte eigentlich recht freundlich sein. Bei +5 Grad und mäßigem Wind aus südöstlicher Richtung bekommen wir mit etwas Glück auch mal die Sonne zu Gesicht … so zumindest nach aktuellem Stand der Dinge." Er lag sehr gut mit seiner Vorhersage.

Schappert arbeitet seit Februar 2015 für den Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Dass er den Job bekam, war ein echter Glücksfall. "Ich wollte mich damals dort initiativ auf eine Stelle bewerben, rief aber vorher noch mal an. Man sagte mir, dass eine Bewerbung derzeit keinen Sinn habe." Wenig später klingelte das Telefon, beim DWD war jemand ausgefallen. "Sie fragten, wie schnell ich meine Bewerbung fertig haben kann."

Die vielen Seiten der Naturwissenschaft

Diese Anekdote ist eine von vielen, die Schappert an diesem Nachmittag beim Spaziergang über den Gutenberg-Campus erzählt. "Wenn ich zu viel rede, müssen Sie mich unterbrechen", meint er lächelnd. Nein, es wird nicht zu viel. Begeisterung für seinen Beruf klingt bei jedem Satz durch. Und auch dann, wenn er von seinem Studium in Mainz erzählt, schwingt Enthusiasmus mit.

Sebastian Schappert hatte sich beim Tag der offenen Tür an der JGU umgeschaut und den Studiengang Meteorologie für sich entdeckt. "In der Schule hatte ich für mich das Klima als sehr interessantes Thema entdeckt." Meteorologie schien ihm da die richtige Wahl. "Wir wurden zwar gewarnt, dass Mathematik und Physik dazugehören. Aber dass es so viel wird ..."

Die ersten ein, zwei Semester seien hart gewesen, meint der 28-Jährige im Rückblick. "Ich will nicht sagen, dass ich kurz vor dem Abbruch stand, aber es war schwer. Wir haben mit rund 20 Leuten angefangen, fünf oder sechs sind bis zum Bachelor gekommen und bis zum Master haben wir es zu dritt geschafft."

Schappert sagt von sich selbst, dass er anfangs ein eher mittelmäßiger Student gewesen sei. Aber das änderte sich bald. Der Pfälzer entwickelte eine echte Leidenschaft für sein Studienfach. "Meteorologie ist ein wahnsinnig vielseitiger Studiengang. Wir haben es nicht nur mit Physik und Mathematik, sondern auch mit Chemie, mit Informatik und anderen Disziplinen zu tun. Wir lernen viele verschiedene Seiten der Naturwissenschaften kennen."

Prämierte Masterarbeit

Da der Studiengang noch relativ klein und jung ist, saß Schappert ab und an auch mal mit nur drei, vier Kommilitonen in einer Vorlesung. "Dadurch entstand ein sehr direkter Kontakt zu unseren Professoren." Schappert erwähnt besonders Prof. Dr. Volkmar Wirth, den Leiter des Instituts für Physik der Atmosphäre. Wirth betreute unter anderem Schapperts Masterarbeit zum Thema "Ursprung und Strömungsverlauf von Luftpaketen aus orographischen Bannerwolken beim Überströmen eines idealisierten Berges", die vom Gutenberg Lehrkolleg (GLK) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz für ihre herausragende Qualität prämiert wurde.

"Prof. Dr. Volkmar Wirth ermöglichte mir auch eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift, die ich als Hauptautor gemeinsam mit ihm schreiben durfte. Das ist schon etwas Außergewöhnliches für einen Studenten. Die Zusammenarbeit war einfach hervorragend. Wir waren ein gutes Team."

Schappert bekam eine befristete Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Wirths Arbeitsgruppe. Eine anschließende Doktorarbeit war im Gespräch. Wenn der Meteorologe davon erzählt, gerät er ein wenig ins Schwanken. "Es würde mich schon reizen. Die Frage ist nur: Wo würde das hinführen? Würde es mir in meiner jetzigen Position etwas bringen?"

Im Jahr 2014 entschied sich Schappert für die Bewerbung beim Deutschen Wetterdienst – und plötzlich ging alles ganz schnell. "Von Prof. Dr. Volkmar Wirth bekam ich innerhalb von nur zwei Tagen ein wirklich tolles Empfehlungsschreiben", erinnert er sich.

Blitzstart beim Wetterdienst

"Bei meinem allerersten Mediendienst in Offenbach hieß es dann gleich: 'Stell dich doch mal vor die Kamera.'" Schappert stellte sich, sprach und ging prompt auf Sendung. "Ich wurde ins kalte Wasser geworfen." Bei seinem vierten Dienst – der junge Meteorologe war immer noch in der Einweisungsphase – meldete sich das ARD-Magazin "Brisant" und wollte etwas über das schwere Gewitter vom Vortag wissen. Wieder traf es Schappert, wieder stand er vor der Kamera.

"Der DWD hat rund 2.500 Beschäftige, aber nur ein kleines Team arbeitet direkt bei der Wettervorhersage. Der Job ist ungeheuer vielseitig." Das sagte Schappert bereits von seinem Studium und er betont es auch hier. Rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr gilt es, Satellitenfilme und Radaraufnahmen zu analysieren und die Vorhersagen in die Öffentlichkeit zu bringen.

Unter anderem gibt es den erwähnten Mediendienst. Dort betreut Schappert Medienanfragen, verfasst den Deutschland-Wetterbericht und schreibt Artikel zu verschiedenen Tagesthemen, die sich meist um aktuelle meteorologische Phänomene drehen. "Im Evaluierungsdienst prüfen wir zum Beispiel Software, die wir neu einführen wollen. Die Arbeit dort ist nicht unbedingt Forschung, aber sie erinnert mich schon in vielen Bereichen an meine Zeit an der Uni." Im Analysedienst wiederum geht es um die Auswertung von Wetterdaten, um die Vorhersage aufgrund von Modellen, die dann sehr konkrete Auswirkungen haben können.

Wetter sorgt für Schlagzeilen

"In der Nacht zum Freitag vor Rosenmontag zeichnete sich ab, dass wir Windböen in der Stärke von acht oder neun bekommen könnten", erzählt Schappert von der Vorhersage, die in diesem Jahr die Fastnacht gründlich umkrempelte. Der Meteorologe spricht von unsichtbaren Höhenwinden, die durch vertikale Umwälzungen plötzlich heruntergedrückt werden.

Oft wenden sich Veranstalter an den DWD, um zu erfahren, ob das Wetter ihr Festival oder ihr Konzert verhageln könnte, Fotografen wollen wissen, ob die Kanzlerin bei einem Besuch im rechten Licht oder eher im Regen stehen wird. Doch selten zeitigen die Wetteranalysen solche Folgen wie zum Rosenmontag 2016. Schließlich wurde nicht nur in Mainz der Rosenmontagsumzug abgesagt.

"Wetter tangiert viele Leute, es betrifft ganz viele Bereiche", meint Schappert mit ungeminderter Begeisterung. "Die Meteorologie ist ein tolles Fach. Es ist schade, dass sich so wenige damit beschäftigen."

Auf dem Weg über den Campus ist Schappert vor dem Naturwissenschaftlichen Institutsgebäude angekommen, wo er bis 2014 studiert hat. "Ich schau noch mal rein", verabschiedet sich Schappert. Das Wetter hat sich gehalten, immer noch scheint die Sonne. Nur die dunklen Wolken am Horizont trüben das Bild. Bestimmt wird es nass. "Nur weil die Wolken dunkel sind, heißt das nicht, dass es regnen wird", erklärt der Meteorologe. Tatsächlich bleibt es trocken an diesem Tag – kein Regen, kein Sturm. Gutenberg-Alumnus Sebastian Schappert vom Deutschen Wetterdienst lag wieder richtig.