Für die Forschung begeistern

26. Mai 2017

Juniorprof. Dr. Ute Hellmich vom Institut für Pharmazie und Biochemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist mit dem renommierten Fulbright-Cottrell Award ausgezeichnet worden. Dieser Preis ermöglicht es ihr, in einem dreijährigen Projekt die Verbindung von Lehre und Forschung weiter voranzutreiben. In ihrer eigenen Arbeitsgruppe, in Seminaren und Vorlesungen möchte die Biochemikerin ihren Studierenden möglichst früh vermitteln, wie faszinierend Wissenschaft sein kann.

"Wir müssen dafür sorgen, dass die Bachelorstudierenden möglichst früh an die Forschung herangeführt werden", betont Juniorprof. Dr. Ute Hellmich. "Wir sollten ihnen bewusst machen, dass es gerade in unserem Fach viele offene Fragen gibt. Die meisten Lehrbücher erwecken den Anschein, als wüssten wir schon alles. Aber das stimmt nicht: Es gibt noch sehr viel zu entdecken."

Wenn die Juniorprofessorin am Institut für Pharmazie und Biochemie der JGU von ihrer Arbeit spricht, schwingen Leidenschaft und Begeisterung mit. Dieser ansteckende Elan wirkt offensichtlich über das direkte Gespräch hinaus: Jüngst wurde die Mainzer Biochemikerin mit dem Fulbright-Cottrell Award ausgezeichnet, dem wichtigsten transatlantischen Preis für Exzellenz in Lehre und Forschung. Ihr Projektantrag "From local alterations to global changes: ABC transporters to study molecular determinants of protein function and dynamics" überzeugte die deutsch-amerikanische Fulbright-Kommission. Hellmich erhielt 63.000 Euro, um auf ihrem Gebiet die Verbindung von Lehre und Forschung in den nächsten drei Jahren weiter voranzutreiben.

Türsteher der Zelle

"Es ist ein sehr großzügiger Preis", erklärt sie. "Wir werden die eine Hälfte in die wissenschaftliche Forschungsarbeit stecken und die andere in die Einbindung der Studierenden."

Hellmich ist sich über den Stellenwert der Forschung an Universitäten im Klaren: Über Forschung profilieren sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, durch Forschung kommen sie beruflich voran, Forschungsergebnisse machen Schlagzeilen. "An unserem Institut hier an der JGU tun wir meiner Wahrnehmung nach auch sehr viel für die Lehre. Wir nehmen die Lehre wirklich ernst und das ist schön."

Hellmichs Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit den Vorgängen in der Zellmembran. "Wir schauen uns ein bestimmtes Protein an. Es ist so etwas wie der Türsteher der Zellmembran." Von diesen Türstehern gibt es gleich eine ganze Reihe. Sie sorgen dafür, dass nur bestimmte Stoffe in die Zelle hineinkommen und dass andere, unerwünschte Stoffe hinaustransportiert werden. "Weltweit forschen Wissenschaftler seit rund 50 Jahren an diesen Proteinen. Die Grundkonzepte verstehen wir inzwischen, aber es gibt noch viele Einzelheiten, die uns nach wie vor rätselhaft sind."

Plädoyer für Grundlagenforschung

Dafür sind die ABC-Transporter laut Hellmich ein Paradebeispiel. Es handelt sich dabei um jene Proteine, die unter anderem unerwünschte Stoffe aus der Zelle entfernen. ABC steht für "ATP binding cassette". Diese Proteine verfügen über einen Bereich, auch Kassette genannt, in dem sie Adenosintriphosphat, kurz ATP, binden. "Das Protein zerlegt das ATP und dadurch wird Energie für den Transport frei. Diese Kopplung haben wir noch nicht bis ins Detail verstanden." Also konzentrieren sich Hellmich und ihr Team auf diesen Vorgang. Sie wollen ganz genau wissen, was passiert.

ABC-Transporter haben durchaus Potenzial für große Schlagzeilen: Wenn es etwa um Resistenzen gegen Antibiotika oder gegen Chemotherapien geht, dann sind sie mit im Spiel. Die Proteine identifizieren die eingebrachten Stoffe als unerwünscht und spülen sie aus der Zelle heraus.

"Wir neigen dazu, immer direkt nach der Anwendbarkeit von Forschung zu fragen", meint Hellmich. Schnell stünde dann in der Zeitung, dass ein neues Mittel gegen Krebs gefunden wurde, dass diese oder jene Krankheit nun heilbar sei. "Meist ist es aber viel komplizierter", kritisiert die Biochemikerin. Sie will ihre Forschung nicht auf die praktische Anwendbarkeit reduziert wissen. "Ich plädiere für die Grundlagenforschung. Ich will die Welt verstehen. Das treibt mich an." Sie betont, wie wichtig Forschung auch in scheinbar nicht praxisrelevanten Bereichen ist. "Als es zum Beispiel darum ging, DNA-schneidende Enzyme zu entwickeln, fragten alle: Wozu das denn? Die heutige Molekularbiologie wäre ohne diese Grundlagenforschung undenkbar." Auch das will sie den Studierenden vermitteln.

Spaß an der Forschung

Im Jahr 2015 kam Hellmich als Juniorprofessorin an die JGU. Zuvor hatte sie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Biochemie studiert. Bereits in ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit der Interaktion zwischen Proteinen und Lipiden, also jenen Molekülen, aus denen die Zellmembran besteht. Auch bei Gastaufenthalten an der University of Cambridge und der Harvard University arbeitete sie in diesem Bereich. Aus Erfahrung weiß sie: "Unsere Forschung ist kompliziert, sie braucht ihre Zeit und es gibt viele Rückschläge. Das sollten die Studierenden möglichst früh erfahren. Sie brauchen einen langen Atem und müssen damit klar kommen, dass Dinge oft nicht klappen."

Hellmich integriert regelmäßig Bachelorstudierende in ihre Arbeitsgruppe, ebenso Praktikantinnen und Praktikanten. "Sie bereichern unsere Arbeit", betont sie. "Sie forschen genau wie alle anderen mit, auch wenn sie vielleicht nur für zehn oder zwölf Wochen da sind."

Mit den Mitteln des Fulbright-Cottrell Award will Hellmich ihre Forschung in die Seminare und Vorlesungen tragen: "Am Beispiel der ABC-Transporter können wir wunderbar zeigen, wie viele offene Fragen wir in der Wissenschaft haben. Wir können die Studierenden lehren, diese Fragen klar zu formulieren und ihnen nachzugehen. Im Moment mache ich grundständige Lehre: Ich erzähle von Sachen, die ich selbst vor 17 Jahren gelernt habe, und das macht mir immer noch Spaß. Diesen Spaß will ich rüberbringen."