Mensch und Kommunikation

10. September 2018

Passend zum Gutenberg-Jahr stand der 17. Mainzer Wissenschaftsmarkt unter dem Motto "Mensch und Kommunikation". Die MAINZER WISSENSCHAFTSALLIANZ zeigte, was ihre Mitglieder zu diesem Thema zu bieten haben. Verschiedenste Institutionen boten einen tiefen Einblick in Arbeit, Lehre und Forschung, allen voran die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und die Universitätsmedizin an insgesamt 15 Ständen.

Das Handy ist das Kommunikationsmittel der Gegenwart. Es geht kaum noch ohne. Doch haben sich die Nutzerinnern und Nutzer ihr Gerät wirklich schon einmal genauer angeschaut? Wissen sie, was hinter dem bunten Display steckt? Mit dem NaT-Lab, dem Schülerlabor der JGU, können es die Wissenschaftsmarktbesucherinnen und -besucher entdecken. Zwei Mikroskope stehen bereit.

"Ich sehe lauter bunte Stäbe", meint ein älterer Herr erstaunt. Erst hat er etwas zögerlich sein Smartphone auf den Objektträger gespannt, nun ist er ganz bei der Sache. "Das sind längliche Pixel", erklärt Dr. Christa Welschof. Die Leiterin des NaT-Lab hält zur näheren Erläuterung ein größeres Modell einer LCD-Anzeige in Händen. Die obere Schicht zeigt jene Pixel in Blau, Rot und Gelb, darunter liegen Flüssigkristalle, die verschiedenste Kombinationen dieser drei Farben beleuchten. "Damit lässt sich jeder Farbton herstellen."

Jan Stützel, Chemie-Student und Mitarbeiter des Schülerlabors, zeigt das Modell einer OLED-Anzeige, das wesentlich dünner daherkommt als die herkömmliche LCD-Version. Hier leuchten die Farbschichten selbst, die Flüssigkristalle sind überflüssig geworden. "Irgendwann werden wir Handys haben, die so dünn wie ein laminiertes Blatt Papier sind."

Vater der Massenkommunikation

Der Stand des NaT-Lab ist traditionell einer der großen Anziehungspunkte des Mainzer Wissenschaftsmarkts, der nun schon im 17. Jahr auf dem Gutenbergplatz im Herzen von Mainz stattfindet. In fünf Zelten präsentieren sich Unternehmen und Hochschulen, Forschungsinstitute und Museen aus der Region. Sie alle haben sich unter dem Dach der MAINZER WISSENSCHAFTSALLIANZ zusammengefunden. Nun stehen ihre Fachleute für ein Wochenende bereit, um in die Teilchenphysik einzuführen, medizinische Fortschritte näherzubringen oder die jüngsten Besucher mit originellen Aktionen zu begeistern. 42 Stände und ein reiches Rahmenprogramm erwarten die großen und kleinen Besucherinnen und Besucher.

Der Veranstaltungsort passt diesmal besonders gut zum Thema des Markts. Es geht um "Mensch und Kommunikation". Ein Mainzer hat dieses Gebiet wie kaum ein anderer revolutioniert: Johannes Gutenberg erfand im 15. Jahrhundert den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Damit wurde er zum Vater der Massenkommunikation. Sein Denkmal steht nun inmitten der kleinen Wissenschaftsmarkt-Zeltstadt, der Platz vor dem Staatstheater ist nach ihm benannt, die Stadt feiert seinen 550. Todestag mit einem Gutenberg-Jahr.

Natürlich darf zu diesem Anlass das Gutenberg-Institut und die Buchwissenschaft der JGU nicht fehlen. Prof. Dr. Stephan Füssel und sein Team beleuchten Gutenbergs Schaffen und dessen Folgen. Sie sprechen über die drei großen Medienrevolutionen: den Schritt von der Oralität zur Literazität, den Beginn der Buchkultur und den Siegeszug der sozialen Medien. Dazu präsentieren sie das prächtige Faksimile einer Gutenberg-Bibel, frisch herausgegeben vom Gutenberg-Fachmann Füssel.

Karaoke per Trickfilm

Wenige Schritte weiter geht es mit dem Institut für Altertumswissenschaften der JGU in den vorchristlichen Orient. Besucherinnen und Besucher können die sumerische Keilschrift kennenlernen. Mit Bambusgriffeln pressen sie ihre Namen in kleine Tontäfelchen. Das ist nicht immer einfach, die Silbenzeichen können komplex ausfallen und der richtige Ansatz des Griffels ist auch nicht sofort aus dem Handgelenk zu schütteln.

Entschieden modernere Gerätschaften kommen am Stand des Zentrums für Audiovisuelle Produktion der JGU zum Einsatz. Das ZAP entwickelt und produziert audiovisuelle Medien für Forschung und Lehre. Für den Wissenschaftsmarkt hat das Team ein Legetrick-Karaoke geschaffen. "Legetrickfilme sind eine relativ unaufwendige Methode, wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln", erläutert ZAP-Leiterin Dr. Nicole Labitzke. Zu einem gesprochenen Text werden wechselnde Bildobjekte auf einem Tisch drapiert und abgefilmt. "Wir haben vier kleine Filme vorbereitet."

Es geht zum Beispiel darum, wo der Honig herkommt. Dazu agiert eine Biene im Comicstil. Mal wird der Bienenstock dazugelegt, dann eine Honigwabe oder ein Glas mit goldgelber Füllung. So entsteht eine kleine Geschichte. Die Karaoke-Kandidaten schauen sich die kurzen Streifen an, dann können sie zum eingespielten Text selbst agieren und die passenden Bildelemente legen. Über einen Link können sie dann zu Hause ihren eigenen Legetrickfilm abrufen.

Sprache des Körpers

Die Universitätsmedizin Mainz widmet sich in diesem Jahr der Sprache des Körpers. Es geht um Tumoren und chronische Infektionen, aber auch um die psychische Widerstandsfähigkeit. Das Team der Sektion Psychoonkologie an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie etwa kümmert sich in besonderer Weise um Krebspatienten. "Wir betreuen und begleiten sie in allen Phasen ihrer Erkrankung", erzählt Dr. Jörg Wiltink.

Verständlicherweise reagieren viele Menschen auf die Diagnose Krebs mit Angstattacken, Schockzuständen und Verzweiflung. "Es ist wichtig, dass sie in solchen Situation einfach mit jemanden reden können. Wir schauen aber auch, ob es Alarmsignale gibt für eine beginnende psychische Erkrankung." Wiltink und seine Gruppe helfen den Betroffenen, sich in ihrer Lage besser zurechtzufinden. Sie sollen eigene Stärken erkennen und entwickeln. "Jeder bekommt von uns das Angebot zur Betreuung, und rund 31 Prozent der Krebspatienten an der Universitätsmedizin nehmen es wahr." Allerdings werden die Kosten nicht von den Krankenkassen bezahlt. "Wir finanzieren uns über Stiftungen wie die Krebshilfe. Es wäre aber schon toll, wenn die Kassen das irgendwann übernehmen würden."

PRISMA am CERN

Ein Stück weiter zeigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Exzellenzclusters PRISMA, kurz für "Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter" der JGU, wie wichtig internationale Kommunikation bei der Arbeit am Teilchenbeschleuniger des CERN ist. Gerade wird mit ATLAS ein Detektor hochgerüstet. Dafür liefern die Hochschulen verschiedenster Lände eigens entwickelte Komponenten. Auch PRISMA ist mit von der Partie.

"Allein in meiner Arbeitsgruppe sind 30 Leute aus zehn Nationen beteiligt", erzählt Jörg Soengen. Der Student ist voll eingebunden, wenn es darum geht, neue Teile für die Kappen des ATLAS-Detektors zu schaffen. Soengen zeigt an einem hüfthohen Modell, wie ATLAS aufgebaut ist. Tatsächlich kann diese Nachbildung aber nur einen allerersten Eindruck von dem Giganten vermitteln: In der Realität ist der ATLAS-Zylinder 46 Meter lang und erreicht einen Durchmesser von 25 Metern.

Virtueller Campusrundgang

Von der internationalen Bühne führt das Institut für Informatik zurück nach Mainz und vom Wissenschaftsmarkt geht es an die Universität: Prof. Dr. Elmar Schömer lädt ein zum virtuellen Rundgang. Mit einem speziellen Headset können Besucherinnen und Besucher im Schatten des Gutenberg-Denkmals über den Campus schlendern. So lässt sich die JGU neu entdecken. Selbst der virtuelle Sprung von Dach zu Dach wird möglich.

"Allerdings handelt es sich hier um fünf Jahr alte Datensätze", schränkt Schömer ein. "Wir würden das gern auf den neuesten Stand bringen. Das wäre zum Beispiel eine große Hilfe für Behinderte. Sie könnten sich unsere Darstellungen aufs Handy holen, vielleicht auch mit einer Sprachkomponente, und sich so leichter orientieren."

Und wieder ist das Handy Thema: Damit schließt sich der Kreis um Mensch und Kommunikation. Das Interesse am Wissenschaftsmarkt ist auch im 17. Jahr ungebrochen, das beweisen Tausende von Besucherinnen und Besuchern. Dieses Wissenschaftsmarkt-Wochenende ist ein immer wiederkehrender Erfolg für die MAINZER WISSENSCHAFTSALLIANZ und die Universität.