Ganz nah dran an der Universität

28. September 2015

Vor elf Jahren wurde die Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz gegründet. Diese Dachstiftung verwaltet mehr als 30 rechtlich unselbstständige Treuhandstiftungen mit einem Kapital von rund 6,5 Millionen Euro. Sie bietet Privatpersonen, aber auch Institutionen und Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, Forschung, Lehre und Studium an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zu unterstützen.

Helmut Rittgen kam 1972 als junger Mann an die JGU. Fünf Jahre später ging er wieder: mit einem Abschluss in Volkswirtschaftslehre in der Tasche. Seine Karriere hat ihn in den darauffolgenden Jahrzehnten weit geführt. Zuletzt arbeitete er als Zentralbereichsleiter Bargeld bei der Deutschen Bundesbank. Nun ist er zwar frisch pensioniert, doch sein Terminkalender ist weiterhin gut gefüllt. "Genauso wollte ich das", erzählt der ehemalige Bundesbankdirektor lächelnd. Aktiv will er bleiben, mitmischen und gestalten, das kristallisiert sich schnell heraus im Gespräch.

Gern und oft kehrt Rittgen auf den Gutenberg-Campus zurück. "Ich habe den Bezug zu dieser Universität nie verloren. Ich wollte alle Entwicklungen mitbekommen. Das hat die Basis gelegt für vieles." Diesmal ist er ins Forum universitatis der JGU gekommen, um über seine Arbeit für die Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung zu sprechen. Die Sitzgruppe vor dem Präsidentenflur bietet in der vorlesungsfreien Zeit ein ruhiges Plätzchen, auch wenn ab und an jemand vorbeikommt, der Rittgen die Hand schütteln möchte. Natürlich kennt er sie alle, einige duzen ihn. "Als ich studiert habe, wusste ich längst nicht so viel über die Organisation einer Universität wie jetzt", sagt er.

Kontakt über Generationen

Im vorigen Jahr wurde Rittgen zum Vorstandvorsitzenden der Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung gewählt. Er löste Dr. h.c. Klaus Adam ab, ebenfalls ein Mann aus dem Bankgeschäft. Beide waren an der Gründung der Stiftung vor elf Jahren maßgeblich beteiligt. "Wir schufen eine Plattform, die es den Stifterinnen und Stiftern ermöglicht, sehr nah an der Universität dran zu bleiben. Denn genau das ist die Motivation vieler: sich zu engagieren." Da sind sie mit Rittgen auf einer Linie.

Die Universitätsstiftung versteht sich als Dach, unter das Einzelinitiativen schlüpfen können: Manch einer will oder kann sich nicht mit der finanziellen und verwaltungstechnischen Seite einer Stiftung beschäftigen. "Aber viele wollen der Universität etwas zurückgeben. Oft sind es ehemalige Professorinnen und Professoren oder deren Angehörige. Sie wollen vielleicht, dass ein Lebenswerk weitergeführt wird. Dafür stiften sie."

Bei Veranstaltungen wie dem alljährlichen Stiftertag können sie dann sehen, was mit dem Geld passiert, wer es ganz konkret bekommt. "Ich bin immer wieder überrascht, wie groß insbesondere zu diesem Termin das Interesse ist. Es kommen jedes Jahr zwischen 200 und 250 Personen, die den Kontakt mit Studierenden suchen." Diesen Kontakt über die Generationen hinweg pflegt die Universitätsstiftung denn auch besonders.

"Der Stiftertag ist eine Institution geworden", sagt Rittgen. "Die Vorstandsmitglieder der Stiftung und die Kanzlerin der Universität stellen die Themen der Stipendiaten vor und die Preisträger erhalten ihre Urkunden. Der Präsident der JGU ist anwesend und oft ist auch die rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerin zugegen." Die Summen, die als Zuschüsse oder Stipendien aus den Stiftungen fließen, variieren stark. Manchmal sind es einige Hundert Euro, die eine Studienreise ermöglichen sollen, manchmal Tausende, die in ein Dissertationsprojekt fließen.

Stiftungen und Niedrigzins

Zum zehnten Geburtstag der Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung im Jahr 2014 waren 31 unselbstständige Stiftungen verzeichnet. "Im Moment nähern wir uns aber schon der 34. Stiftung", berichtet Rittgen. Es gibt mehrere Wege, die Universitätsstiftung zu unterstützen. Zum einen ist es immer möglich, mit einer neuen unselbstständigen Stiftung dabei zu sein. Aber auch Zustiftungen sind gefragt, die beispielsweise das Kapital bestehender Stiftungen aufstocken – und natürlich werden Spenden angenommen.

Ein Beispiel hierfür ist das nationale Stipendienprogramm der Bundesregierung, das sogenannte Deutschlandstipendium, mit dem auch an der JGU besonders begabte und leistungsfähige Studierende unterstützt werden. Schon mit einer einmaligen Spende von 1.800 Euro kann eine Stipendiatin oder ein Stipendiat ein ganzes Jahr gefördert werden. Der Bund verdoppelt nämlich die gespendete Summe, die geförderten Studierenden erhalten auf diese Weise monatlich 300 Euro. "Eine äußerst effektive Spende also", wirbt Helmut Rittgen.

Der ehemalige Bundesbankdirektor erzählt nicht nur von den Chancen, die Stiftungen bieten, er kommt auch auf die Schwierigkeiten zu sprechen, die sich angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase auftun. Das Wesen einer Stiftung besteht eben darin, dass ihr jeweiliger Stiftungszweck in erster Linie über Kapitalerträge realisiert wird, also über die Zinsen einer angelegten Geldsumme.

"Im Moment erreichen wir immerhin noch eine Verzinsung von knapp drei Prozent", sagt Rittgen. "Aber das ist nicht leicht. Zum Glück kennen mein Vorgänger Dr. Klaus Adam und ich das Bankengeschäft von beiden Seiten: er als Geschäfts- und ich als Notenbanker. Wir können den Trend noch eine ganze Weile abfedern, weil wir mittel- und langfristig angelegt haben. Das Problem bei der Anlage von Stiftungsgeldern ist aber, dass Sie keinem allzu hohen Risiko ausgesetzt werden dürfen." Wer höhere Erträge wollte, müsste jedoch ein größeres Risiko eingehen.

Es geht um die Sache

Mittlerweile etablieren sich als Reaktion auf das Zinsniveau auch alternative Stiftungsmodelle: "Sie können beispielsweise ein gewisses Kapital bereitstellen und bestimmen, dass eine bestimmte Summe daraus jährlich dem Stiftungszweck zugeführt wird." Eine andere Möglichkeit sei, einer Stiftung Immobilien zu überlassen.

Rittgen kann sich angesichts der gegenwärtigen Entwicklung durchaus für ein Modell erwärmen, bei dem das Stiftungskapital nach und nach aufgebraucht wird. "Den Stifterinnen und Stiftern geht es schließlich nie ums Geld allein, es geht ihnen um die Sache, um die Förderung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, von herausragenden Projekten. Sie fördern seit elf Jahren Exzellenz. Dafür setzen sie verantwortungsvoll ihr Kapital ein, das wir verwalten."

Auf insgesamt rund 6,5 Millionen Euro beläuft sich dieses Kapital momentan. "Es ist eine schöne Summe", räumt Rittgen ein. "Ich habe aber eine noch viel schönere Nachricht." Er zückt sein Smartphone. "In zehn Jahren sind fast 1,3 Millionen Euro ausgeschüttet worden. Wenn Sie dann noch bedenken, dass es sich oft um kleine Förderbeiträge von unter 1.000 Euro handelt, dann können Sie sich ungefähr vorstellen, wie viele Leute davon profitiert haben." Rittgens Handy verschwindet wieder im dunklen Jackett. "Diese Zahl", meint er zum Schluss, "die ist wirklich erfreulich."