Erinnerung an einstigen Bergbau und einen idealistischen Geologen

11. März 2019

Die Gerald und Melitta Martin-Stiftung fördert in Zusammenarbeit mit dem Naturhistorischen Museum Mainz, der Landessammlung Rheinland-Pfalz und dem Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) die Dokumentation und Erforschung des einst berühmten Bergbaus auf dem Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz. Die ersten Aktivitäten der Stiftung reichen bis ins Jahr 1991 zurück. 2017 wurde sie als Treuhandstiftung unter dem Dach der Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung neu gegründet.

"Mein Mann war ein Idealist", erzählt Melitta Martin. "Er hatte sich alles sehr schön vorgestellt: Er wollte im Naturhistorischen Museum eine Ecke zum Bergbau in der Region ausstaffieren." Bemühungen in diese Richtung gab es auch, doch irgendwie kam nie genug Material zusammen. Die Stiftung allerdings, die Gerald Martin gemeinsam mit seiner Frau gründete, blieb rege. Mit ihren Geldern konnte in den letzten Jahrzehnten einiges bewegt werden.

Unter der Woche macht Melitta Martin sich jeden Morgen auf, um im Naturhistorischen Museum Mainz die schwer übersehbare Menge an Sonderdrucken in der Bibliothek zu archivieren. "Tatenlos zu Hause herumsitzen liegt mir nicht", sagt die 93-Jährige. "Nachdem mein Mann 2002 verstorben war, fragte ich hier an, ob es nicht etwas Sinnvolles für mich zu tun gäbe." Sie wurde in eine Werkstatt in den Kellerräumen geführt. Die Fossiliensammlung sollte mit neuen Etiketten versehen werden, doch dafür hatte bisher niemand Zeit. "Das machte mir Spaß", erinnert sich Martin. "Ich war aber auch fast ein Jahr damit beschäftigt." So begann ihre ehrenamtliche Arbeit fürs Museum.

Mit Mainz verbunden

Nun sitzt sie gemeinsam mit Prof. Dr. Kirsten Grimm im Verwaltungsbau des Museums beim Kaffee, um von der Gerald und Melitta Martin-Stiftung zu berichten – und ein wenig auch aus ihrem Leben. Denn beides lässt sich nicht so recht voneinander trennen. Grimm, unter anderem Kuratorin für die naturwissenschaftlichen Sammlungen der JGU, freie Mitarbeiterin im Museum und erste Vorsitzende der Rheinischen Naturforschenden Gesellschaft, gehört zum Beirat der Stiftung. Die beiden kennen sich gut.

"Mein Mann war gebürtiger Mainzer", erzählt Martin. Über Jahrzehnte arbeitete er als Geologe für das Unternehmen Wintershall, das weltweit Erdöl und Erdgas fördert. "Wir lebten in einem Sprengel in Norddeutschland." Martin erinnert sich an eine frühe Stippvisite in Mainz kurz nach Kriegsende: "Mein Mann war auf eine geologischen Tagung eingeladen, ich begleitete ihn. Wir übernachteten in der Alten Flakkaserne, die damals auch als Studentenwohnheim für die Mainzer Universität diente."

Nach der Pensionierung zog es Gerald Martin wieder nach Mainz. "Wir fanden ein Haus auf dem Lerchenberg, und auch wenn mir als Berlinerin das Rheinische ursprünglich nicht lag, lebte ich doch auf in diesem südländischen Flair zwischen all den freundlichen, offenen Menschen." Ihr Mann engagierte sich in zahlreichen Vereinen, aber auch die Geologie spielte weiter eine Rolle. "Das war seine Leidenschaft." Exkursionen führten ihn unter anderem nach Island. Obwohl er mit den Folgen einer frühen Kinderlähmung zu kämpfen hatte, wanderte er mit seiner Frau durch die Schweizer Alpen und sammelte – natürlich – Mineralien.

Geschichte einer Stiftung

"Als Geologe war er auch historisch sehr interessiert. Er beschäftigte sich auch mit dem Bergbau in der Region des heutigen Rheinland-Pfalz." Gerald Martin wollte die Erinnerung an die vergangene Epoche, aber auch die Forschung dazu wach halten, denn allzu viele Zeugnisse sind im heutigen Rheinland-Pfalz nicht mehr übrig. Deswegen initiierte er 1991 die Gerald und Melitta-Martin-Stiftung am Naturhistorischen Museum Mainz. "Er wollte mich unbedingt im Stiftungstitel erwähnen, auch wenn ich das als nicht nötig empfand", meint Melitta Martin.

Mit 50.000 D-Mark Kapital ging es an den Start. "Damals war die Zeit für Kapitalanlagen günstig", erinnert sich Martin, "innerhalb weniger Jahre verdoppelte sich das Stiftungskapital." Aus den Erträgen konnten immer wieder Erzproben und Mineralien für die Landessammlung und das Museum angeschafft werden. "Wir konnten Exponate erwerben, für die einfach kein Geld im Etat vorhanden war", sagt Grimm. 2007 half die Stiftung bei der Auffrischung des Mineraliensaals, und als es nötig wurde, die steinernen Zeugen im Garten der Zeit vor dem Museum neu zu beschildern, stellte sie die Mittel zur Verfügung. Zudem fördert die Stiftung Forschungsarbeiten zum Bergbau im heutigen Rheinland-Pfalz. "Ich erinnere mich, dass wir eine Dissertation finanziell unterstützt haben", so Grimm. "1997 wurde außerdem ein Symposium zu Schwermetallen in der Umwelt ausgerichtet."

Der damalige Museumsdirektor, Vertreterinnen und Vertreter der Rheinischen Naturforschenden Gesellschaft und des Geologischen Landesamtes saßen im Beirat der Stiftung und kümmerten sich um ihre Geschicke. "Sie taten das neben ihrer eigentlichen Arbeit", erklärt Martin. Um sie zu entlasten und um die Stiftung mehr in Richtung JGU zu öffnen, kam es am 23. Mai 2017 zur Neugründung als Treuhandstiftung unter dem Dach der Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung. "Damit bin ich sehr zufrieden. Dort kümmern sie sich sehr gut um alles, routinierte Finanzfachleute verwalten das Kapital." Zudem ist nun das Institut für Geowissenschaften der JGU mit im Boot.

Vielgestaltiges Engagement

Das Ehepaar Martin engagierte sich vielfach in Mainz. Zwar war Melitta Martin nie berufstätig: "Wir hatten vier Kinder, um die ich mich gekümmert habe." Aber schon früh unterstützte sie ihren Mann, wenn es um Schreib- und Organisationsarbeiten ging. In Mainz war sie maßgeblich in die Organisation der Stresemann-Gesellschaft eingebunden, und für ihre herausragenden Verdienste um die Naturforschung wurde ihr 2010 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.

Melitta Martin kommentiert die Auszeichnung lakonisch: "Das war nun wirklich nicht nötig." Viel Aufhebens um Ehrenämter braucht sie nicht. Sie hat zwar gern ein wenig dazu erzählt, doch nun setzt sie sich lieber wieder nebenan in das Büro an den Computer und archiviert Sonderausgaben. Einfach nur so herumsitzen liegt ihr wirklich nicht. Die 93-Jährige muss etwas tun, sonst fühlt sie sich nicht wohl.