Das besondere Angebot für Studierende, die mehr wissen wollen

28. Februar 2020

Das Studienprogramm Q+ bietet leistungsstarken Studierenden die Möglichkeit, hochkarätiges Wissen jenseits der regulären Studiengänge zu erwerben. Das Angebot zieht sich quer durch die Disziplinen. In den kommenden Jahren soll es zu einem wichtigen Bestandteil und zu einem Markenzeichen der Lehre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) werden.

Lara Grabitz studiert Physik und Chemie an der JGU. "Ich war auch vor Q+ bereits breit aufgestellt", meint sie selbstbewusst. "Ich engagiere mich unter anderem in verschiedenen MINT-Kreisen, musikalisch und in eigenen Projekten. Im Studienprogramm habe ich noch einmal sehr viele coole Menschen kennen lernen können: Leute, die etwas ganz anderes studieren, die aber ähnlich denken wie ich."

"Mit Q+ ist etwas gewachsen", stellt Teresa Greb fest. "Es haben sich viele Freundschaften entwickelt. Ich komme mit Menschen zusammen, die aus einem komplett neuen Blickwinkel auf die Dinge schauen." Greb studiert Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt auf Marketing. "Da fließen sowieso schon Themen aus Fächern wie Psychologie mit ein. Aber ich wollte noch ganz andere Bereiche kennenlernen. Auf einer Info-Veranstaltung erfuhr ich von Q+ und dachte: Das kann nur hilfreich sein."

"Voriges Semester nahm ich an einem der Q+-Blockseminare teil", erzählt Max Bruch. Die Veranstaltung lief unter dem Titel "Eine Welt ohne Plastik – Segen oder Fluch?". "Eine Professorin und zwei Professoren kümmerten sich um eine Gruppe von gerade mal zwölf Studierenden. Das war ein ungeheuer intensives Arbeiten, das mir sehr viel gebracht hat." Bruch studiert im siebten Semester Humanmedizin. Im Moment gebe es nur wenige Medizin-Studierende, die bei Q+ mitmachen, meint er. "Aber gerade für uns gibt es da viel zu entdecken. Immer mehr junge Ärztinnen und Ärzte entscheiden sich für alternative Karrierewege. Im Sommersemester habe ich zum Beispiel das Modul Entrepreneurship belegt. Gründen ist eine interessante Alternative, aber auch im Journalismus sind Mediziner gefragt. Durch Q+ habe ich die Möglichkeit erhalten, ein Praktikum beim ZDF zu absolvieren."

Flexible und ausdifferenzierte Angebote

Im Alten Senatssaal der JGU hat sich ein großer Kreis zusammengefunden, um von einem noch recht neuen Studienprogramm zu erzählen. "Ich dachte, ich schicke mehrere Einladungen heraus und hoffe, dass dann die eine oder der andere wirklich kommt", meint Dr. Doris Lindner, Geschäftsführerin des Fachbereichs 05 und Projektleiterin von Q+. "Tatsächlich haben alle sofort zugesagt. Schon daran sehen Sie, mit wie viel Engagement dieses Projekt getragen wird – und das, obwohl alle in Forschung, Lehre und Administration schon mehr als genug zu tun haben."

Im Dekanat des Fachbereichs Philosophie und Philologie entstanden die ersten Konzepte zu Q+. Mit Unterstützung des Gutenberg Lehrkollegs (GLK) startete das Studienprogramm 2016 in eine fünfjährige Testphase, doch bereits dreieinhalb Jahre später beschloss der Senat der JGU, das Projekt zu einem dauerhaften Bestandteil des Studienangebots zu machen. Q+ steht für Querwege und Querverbindungen zwischen Disziplinen und Studierenden, Q+ lädt zum kreativen interdisziplinären Austausch ein.

Prof. Dr. Stephan Jolie, Vizepräsident für Studium und Lehre der JGU, war seinerzeit als Dekan des Fachbereichs 05 mit von der Partie. "Gleich zu Beginn führten wir viele Interviews mit Studierenden. Wir fragten: Was braucht ihr? Wir wollten auf keinen Fall den Anschein erwecken, elitär zu sein, obwohl wir das in einem gewissen Sinn natürlich sind: Es geht uns darum, besonders interessierte und leistungsfähige Studierende über die Fächergrenzen hinweg zusammenzubringen."

Eine hochflexible und ausdifferenzierte Angebotspalette entstand. Schließlich soll jeder bei Q+ eine Veranstaltung finden, die sich problemlos in den regulären Studienplan einfügen lässt. Auf der einen Seite stehen Blockseminare zu so unterschiedlichen Themen wie Teilchenphysik oder Theater, dazu Forschungspraktika und Tagungen, die alle eigens für Q+ konzipiert wurden, auf der anderen reguläre Angebote der Fächer, die für Q+ geöffnet sind. Die Studierenden können sich Leistungspunkte anrechnen lassen und Zertifikate erwerben. Bisher nahmen rund 200 Studierende und 100 Lehrende aus allen Fachbereichen der JGU am Projekt teil.

Intensives Lernen mit vielen Freiheiten

"Wir haben einen sehr lockeren Rahmen geschaffen und wollen so wenig Vorschriften wie möglich machen", erklärt Jolie. "Im regulären Studium gilt die Studienordnung, in Q+ dagegen können wir viele Freiheiten gewähren." Mit dieser Kombination bietet die JGU etwas, das derzeit einzigartig an deutschen Universitäten ist. Es soll zu einem Markenzeichen werden: "Q+ zeigt einen Weg auf, wie sich die Universität in Zukunft entwickeln könnte."

Lindner betont: "Wir sprechen mit Q+ eine Klientel an, die wirklich neugierig ist. Bei der Bewerbung ist uns das Motivationsschreiben besonders wichtig. Unsere Studierenden sollen nicht nur ihr Studium gut im Griff haben. Wir suchen junge Menschen, die sich auch sonst engagieren, die bereit sind, Akzente zu setzen und eigene Ideen einzubringen."

Das bekam Prof. Dr. Thomas Vilgis vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung deutlich zu spüren. Er bot jenes Blockseminar zur "Welt ohne Plastik?" an: "Das war eine meiner schönsten Lehrerfahrungen. Ich konnte ein hoch politisches Thema bearbeiten, traf auf sehr interessierte Studierende und bekam ein großartiges Feedback." Für das kommende Semester plant er nun ein Q+-Seminar zur Ernährung der Zukunft.

Die Molekularbiologin Jun.-Prof. Dr. Helen May-Simera lädt regelmäßig Q+-Studierende in ihr Labor ein: "Sie stellen Fragen, über die ich seit zehn Jahren nicht mehr nachgedacht habe, und bringen mich dazu, mein Fach noch mal ganz neu zu sehen. Es macht einfach Spaß, mit ihnen zu arbeiten. Für mich ist das eine Bereicherung. Mit Q+ wird die Universität universaler."

Fächer neu denken, Erkenntnisprozesse hinterfragen

Prof. Christopher Miltenberger, Prorektor der Hochschule für Musik, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. "Um bei uns Musik zu studieren, muss man zuerst eine Eignungsprüfung erfolgreich absolvieren. Mit Q+ jedoch werden manche Veranstaltungen geöffnet. In einem extra für Q+ konzipierten Seminar mit dem Thema improvisierte Liedbegleitung hatte ich es mit einer extrem heterogenen Lerngruppe zu tun. Manche hatten
fundierte Kenntnisse, anderen fehlten fundamentale Grundbegriffe. In der Erarbeitung verschiedener Klavierpatterns, in den vielen Diskussionen über musikalische Phänomene und beim gegenseitigen Helfen und Erklären kamen einige Fragen und Antworten auf, die meine bisherigen Lehr- und Vermittlungsmethoden in allen Fällen erweitern können."

Als herausragender Wissenschaftsstandort bietet Mainz eine ideale Grundlage für Q+, da ist sich Lindner sicher. "Neben der Universität selbst haben wir die Hochschule und drei Leibniz-Institute in Mainz sowie zwei Max-Planck-Institute direkt auf dem Campus. Hinzu kommen die Musikhochschule und die Kunsthochschule, mit der wir im kommenden Semester erstmals eine Veranstaltung planen: eine Exkursion an das Bauhaus Dessau. Wir können also auf herausragendes Wissen und hohe Qualität bauen, die nur selten so direkt wie bei Q+ in die Lehre einfließen." Auch auf internationaler Ebene wird das Studienprogramm demnächst einiges bieten. "Gerade haben wir Kontakte zu zwei ausgezeichneten japanischen Universitäten und zur renommierten Hebrew University in Israel geknüpft." Das Projekt Q+ ist längst der Pilotphase entwachsen.

"Bei Q+ geht es um die Lust an Erkenntnis", sagt Jolie. "Aber auch der wissenschaftliche Erkenntnisprozess wird analysiert und hinterfragt. Dies ist ein zentrales Thema. Wir setzen uns zudem mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinander, die eine einzelne Disziplin oft nicht mehr fassen kann", erklärt der Vizepräsident der JGU. Bruch ergänzt diese Sätze aus der studentischen Sicht: "Q+ ermöglicht mir Lernen aus reinem Interesse, von Druck und Stress befreit. Das ist einfach eine sehr schöne Art zu lernen."