Klimakrise ist schwer zu kommunizieren

18. Mai 2020

Rebecca Höfer gehört zur "Students for Future"-Gruppe an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Eben erst hat sie ihr Bachelor-Studium am Institut für Publizistik abgeschlossen. Nun erzählt sie von ihren Überzeugungen, ihrem Engagement und von der Public Climate School 2.0 der Mainzer "Students for Future", die am 25. Mai startet.

Sie weiß nicht genau, wie alt ihr Handy ist, ein Auto besitzt sie nicht und auf modische Klamotten legt sie keinen Wert. "Ich ernähre mich vegan, außerdem bin ich viel mit dem Fahrrad unterwegs", erzählt Rebecca Höfer. Sie möchte so umweltschonend und nachhaltig wie irgend möglich leben. Das nimmt sie genau. Sie schaut auf Details. "Ich bin Perfektionistin", bekennt sie. Der menschgemachte Klimawandel treibt die Studentin seit Jahren um. "Ich versuche, meine Angst in produktiven Aktionismus umzuwandeln. Wenn mich etwas stört, will ich es verändern. Es bringt wenig, einfach dazusitzen und sich einzureden, man könnte sowieso nichts tun."

Ein erstes Gespräch mit Höfer fand unmittelbar vor Einsetzen der strengen Kontaktsperre anlässlich der Corona-Pandemie statt – aber bereits mit gebührendem Sicherheitsabstand: auf einer Bank im Freien vor dem Georg-Forster-Gebäude.

Ihre mündliche Prüfung für den Bachelor in Publizistik hat sie gerade hinter sich. Nun überlegt sie, wie es weitergehen soll: "Ich will raus in die Welt und ich will mich bewerben." Die Öffentlichkeitsarbeit bei einer NGO, die sich dem Klimaschutz widmet, käme in Frage, vielleicht sogar ein Unternehmen, das den Umweltschutz wirklich ernst nimmt. "Aber mit Corona ist das im Moment alles schwierig."

Erfolgreiche Public Climate School 2019

Vom Publizistik-Studium profitierte Höfer sehr, die Zeit an der JGU war ihr wichtig. "Ich habe eine Menge über Journalismus und Public Relations erfahren. Hier bekam ich die Grundlagen und das theoretische Handwerkszeug. Aber man muss all das auch anwenden können. Deswegen bemühte ich mich viel um Praktika. Dabei merkte ich, dass PR und Kommunikation total mein Ding sind. Das macht mir unheimlich Spaß."

Auch an ausländischen Universitäten schaute sie sich um: in Irland etwa und zuletzt in Schottland. "In Edinburgh bin ich auf eine 'Extinction Rebellion'-Gruppe gestoßen und war sehr beeindruckt von deren Arbeit. Bis dahin sah ich Umweltschutz eher als eine Sache, die mir für mein eigenes Leben wichtig ist. Doch als ich nach Hause kam, beschloss ich, in einer Organisation aktiv zu werden. Ich schaute mich um, was es so gibt."

Sie stieß auf My Bui und andere Studierende der JGU, die nach den beeindruckenden "Fridays for Future"-Aktionen planten, eine eigene Mainzer "Students for Future"-Hochschulgruppe auf die Beine zu stellen. Im August 2019 war es soweit und Höfer war mit von der Partie. Bereits drei Monate später wollte die Gruppe mit ihrer ersten Public Climate School auf sich und ihre Themen aufmerksam machen: Im Zuge des vierten globalen Klimastreiks sollten auch die laufenden Lehrveranstaltungen der Universität boykottiert werden. Alternativ würden vom 25. bis 29. November 2019 rund 40 Vorlesungen sowie eine ganze Reihe von Seminaren und Workshops stattfinden, die sich mit den verschiedensten Facetten des Klimawandels beschäftigten.

"Wir hatten unter anderem auch Dozierende der JGU für unsere Sache gewinnen können. Alles lief hervorragend." Doch ein Detail fehlte: "Niemand hatte so recht daran gedacht, die Medien zu informieren, und zwei Wochen vor Beginn gab es noch keinen richtigen Pressetext." Höfer hatte ihre Aufgabe gefunden. Die Perfektionistin machte sich an die Arbeit.

Klimawandel und Medien

"Zuerst einmal ging es darum, ganz viele Leute anzuschreiben oder anzurufen. Von meinen Praktika her wusste ich, wie das ist: Manchmal musst du zehnmal bitten, bevor etwas passiert." Genau das tat sie nun. "Beim SWR in Mainz ging ich persönlich vorbei und fragte: Wer ist hier zuständig für solche Themen?" Ihre Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Das ARD-Morgenmagazin, die 14-Uhr-Tagesschau und das SWR-Jugendradio "DASDING" brachten Beiträge zur Public Climate School. "Nur die Allgemeine Zeitung ließ sich etwas bitten, aber dann klappte es auch", erzählt Höfer.

Die Students for Future fordern die Einhaltung des Übereinkommens von Paris, also eine Begrenzung der Erderwärmung von 1,5 Grad. Sie streiten für eine lebenswerte Zukunft und für globale Klimagerechtigkeit. "Uns im globalen Norden geht es noch relativ gut", meint Höfer dazu. "Dagegen trifft der Klimawandel den globalen Süden schon jetzt hart." Die Mainzer Hochschulgruppe behält auch lokale Gegebenheiten im Blick: "Wir wollen zum Beispiel mehr Grünflächen auf dem Campus."

In ihrer Bachelorarbeit beschäftigte sich Höfer damit, auf welche Weise Massenmedien den Klimawandel darstellen und wie sie ihr Publikum damit beeinflussen. "Klimawandel ist nicht einfach zu kommunizieren", stellt sie fest. Es brauche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihr Wissen leicht verständlich für ein Publikum außerhalb ihres Fachs vermitteln können. Und auch die Medien stünden in der Pflicht – hier sieht Höfer in der Zukunft eine Aufgabe für sich.

Nur wer wirklich begreift, worum es geht, ist auch bereit, etwas an seinem Verhalten zu ändern, meint die Studentin. "Weil es schwer ist, den Klimawandel erfahrbar zu machen, ist es schwer, Leute zu überzeugen, ihre Gewohnheiten zu ändern und etwas für die Nachhaltigkeit zu tun." Dabei könnten kleine Schritte bereits helfen: "Wie wäre es zum Beispiel, eine Woche auf Fleisch zu verzichten – oder einfach weniger zu konsumieren?"

Digitale Public Climate School 2.0

Durch die Corona-Pandemie ist die Klimakrise in den Hintergrund getreten, sowohl in den Medien als auch im Bewusstsein vieler Menschen. Doch Höfer betont: "Das Thema ist mindestens so akut wie zuvor." Deswegen haben sich die "Students for Future" entschieden, auch in Zeiten von Kontaktbeschränkungen eine Public Climate School 2.0 zu organisieren. Am 25. Mai 2020 geht es los.

"Für die analoge Veranstaltungswoche hatten wir bereits mehr als 40 Veranstaltungen im Programm. Nun mussten wir uns völlig umstellen. Manche, die bereits zugesagt hatten, sind leider abgesprungen. Aber dafür brachte die neue Situation auch neue Impulse. Wir kamen auf Dinge, an die wir vorher gar nicht gedacht hätten." So wird ein Mitglied der Edinburgher "Extinction Rebellion"-Gruppe für einen Vortrag zugeschaltet sein.

Alle Angebote der Public Climate School 2.0 laufen über digitale Kanäle, mal in Form einer Datei, mal als aufgezeichnetes Video. Vor allem aber wird es Livestreams geben, meist mit der Gelegenheit zur offenen Diskussion über eine Online-Plattform. "Mehrere Dozierende der JGU sind mit Beiträgen vertreten, außerdem werden zwei Podiumsdiskussionen stattfinden, eine mit der Grünen-Bundestagsabgeordneten Tabea Rößner zu Klimaschutz in der Kommune und eine zu einem globalen Thema." Auch Workshops sind wieder fest eingeplant.

"Wir werden einen eigenen Link auf unserer Homepage einrichten. Dort veröffentlichen wir auch das genaue Programm, sobald es feststeht", kündigt Höfer an. "Jeder kann also komfortabel von zu Hause aus dabei sein, niemand muss extra an die Uni kommen. Die Hemmschwelle, mitzumachen, ist damit extrem niedrig. Vielleicht bekommen wir auf diesem Weg sogar mehr Publikum als bei unserer ersten Public Private School."