Wie kommt die Währungsunion aus der Krise?

3. Juli 2013

An zehn Abenden im Sommersemester 2013 hat der Finanzwissenschaftler Gerold Krause-Junk, Träger der 14. Gutenberg-Stiftungsprofessur, gemeinsam mit prominenten Kollegen das Thema "Die Europäische Währungsunion – Erwartungen, Erwartungen, Perspektiven" beleuchtet. Zum Abschluss der Reihe gibt er noch einen Tipp für die Zukunft.

"Ist das wirklich schon die letzte Vorlesung? Ich habe doch noch so viel zu sagen", eröffnet Prof. Dr. Gerold Krause-Junk seinem Publikum im größten Hörsaal auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Der 14. Träger der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur verabschiedet sich. Und da ihn seine Zuhörer mittlerweile ein wenig kennen, kann er zum Finale getrost eine Schwäche eingestehen: Eigentlich wollte er ja an diesem Abend die zukünftige Rolle der europäischen Ebene beleuchten. Aber ganz so weit ist er noch nicht. "Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass ich dem Programmplan etwas hinterherhinke.“ Dies tut seinem Vortrag jedoch keinen Abbruch. Hier greift sowieso eins ins andere.

Die Krise und ihre Auswirkungen auf die Europäische Währungsunion standen im Mittelpunkt der Stiftungsprofessur-Vorlesungsreihe im Sommersemester 2013. Nun betrachtet Krause-Junk die Pfade, die aus dieser Krise führen könnten. Der eine setzt auf Eigenverantwortung: "Die Staaten entscheiden unabhängig über ihr Budget, aber jeder trägt die Folgen seines Handelns selbst." Der zweite geht in Richtung Zentralisierung: "Die wichtigsten Dinge werden ganz oben entschieden", also auf EU-Ebene. Es bleiben nur diese beiden Möglichkeiten, meint der Finanzwissenschaftler. "Eine Mittellösung wäre ineffizient."

Stabilitäts- und Wachstumspakt verschärft

"Bisher ist schon einiges geschehen", so Krause-Junk. "Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde verschärft und ergänzt." Auch wurde eine verstärkte Kontrolle über die Haushaltsplanung der Mitgliedsstaaten beschlossen. Die EU-Kommission kann früher und genauer hinschauen und schneller Sanktionen verhängen. Überhaupt wird die Rolle der Kommission gegenüber dem Rat gestärkt.

Letzteres sieht der Stiftungsprofessor allerdings kritisch: "Immerhin haben wir im Rat Regierungsvertreter, die Kommission ist der Beamtenapparat. Letzten Endes unterwerfen wir uns mit der Stärkung der Kommission diesem Beamtenapparat. Damit ist möglicherweise ein Stück Demokratie verloren gegangen."

Krause-Junk lässt weitere Maßnahmen Revue passieren. Er erwähnt den Fiskalpakt, dem immerhin 25 Länder zugestimmt haben, die sich nun verpflichten, die Eröffnung eines Verfahrens gegen sie im Rat nicht zu blockieren. Zudem wollen sie eine Schuldenbremse in ihrem jeweiligen nationalen Recht festschreiben.

Ausgleich ökonomischer Ungleichgewichte

"Es wurde stark gearbeitet an den Verträgen zur Koordinierung der Europäischen Wirtschaftsunion, die waren bisher vage." Auch hier meldet Krause-Junk jedoch Bedenken an. "Ich finde es im Prinzip gut, dass man die makroökonomische Koordinierung in Angriff nimmt. Ist aber der Weg gut?"

Ziel sei es, ein übermäßiges Ungleichgewicht auszugleichen. "Wie aber definieren wir das?" Eine mögliche Definition wäre, dass Deutschland mit seinen Exportüberschüssen für solch ein Ungleichgewicht sorge. Um das abzustellen, könnte man die Löhne im Land erhöhen. Doch für den Finanzwissenschaftler ist das keine Lösung. Wenn Deutschland weniger exportiere, öffneten sich ja nicht automatisch Türen für den Export aus anderen EU-Staaten. Eher würden China oder Japan in die Bresche springen und profitieren.

Diese bisher getroffenen Maßnahmen führen in Richtung einer stärkeren Zentralisierung. Aber wie sieht es mit dem Weg in die Eigenverantwortung der Staaten aus? "Man kann schon in diese Richtung arbeiten", so der Stiftungsprofessor. Im Wesentlichen müsse dafür die Abhängigkeit der Staaten von den Banken – und umgekehrt – gelockert werden. Zudem müssten Regeln für eine Insolvenz von Staaten eingeführt werden und mit Hilfsfonds müsse eine Ansteckungsgefahr anderer Staaten gemildert werden.

Fünf verschiedene Prognosen

Welches ist nun der richtige Weg? Krause-Junk fasst noch mal zusammen, was seine Kollegen dazu in ihren Gastvorträgen beitrugen. Prof. Dr. Kai A. Konrad war für eine strikte Durchsetzung eigenverantwortlichen Handelns. Prof. Dr. Dr. Otmar Issing mahnte, dass einmal geschlossene Verträge eingehalten werden müssten. Prof. Dr. Rolf Peffekoven befürchtete, dass ohne wettbewerbsbereite Mitgliedsländer Transfers ungeheuren Ausmaßes anstünden. Prof. Dr. Peter Bofinger trat für einen europäischen Finanzminister ein.

Und Krause-Junk? "Am wohlsten wäre mir, wenn ich hier drei Fragezeichen stehen lassen könnte." Kann er aber nicht, deswegen ist sein Tipp für die Zukunft: Positive Anregungen zu einem gemeinschaftsförderlichen Verhalten zur rechten Zeit statt Strafandrohungen bei Vertragsbrüchen zur Unzeit. "Vielleicht ist das die Botschaft, zu der ich mich durchringen könnte“, meint der 14. Träger der Gutenberg-Stiftungsprofessur zum Abschied.

Ein wunderbares Geschenk

"Was soll ich da als Physiker sagen?", fragt JGU-Präsident Prof. Dr. Georg Krausch nach diesem Finale in seiner Dankesrede an Krause-Junk. "Sie haben uns in eine Wissenschaft eingeführt, die so diskursiv ist, dass unterschiedliche Meinungen nebeneinander Bestand haben. Wir alle haben von Ihnen gelernt, dass Wissenschaft nicht immer zu der einen Antwort führt."

Krausch wendet sich abschließend noch an den Verein der Freunde der Universität Mainz e.V. und an Prof. Dr. Andreas Cesana als Vorsitzenden der Stiftung Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur. Sie machen es möglich, dass seit dem Jahr 2000 jährlich eine prominente Persönlichkeit nach Mainz kommt, um ein zentrales Thema zu diskutieren. "Auch in diesem Jahr gilt Ihnen wieder unser herzlichster Dank für das wunderbare Geschenk der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur."