Fitnessprogramm für die Karriere

20. August 2013

Das Ada-Lovelace-Mentoring-Programm für Nachwuchswissenschaftlerinnen in den MINT-Fächern an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) wurde vor fünf Jahren ins Leben gerufen. Es gibt jungen Frauen wie Anne Legler, Doktorandin im Fachbereich Biologie, eine Starthilfe auf dem Weg in den Beruf.

"Es geht auf das Ende meiner Doktorarbeit zu. Nun muss ich mich allmählich mit der Frage beschäftigen: Was mache ich danach? Wo will ich hin?" Anne Legler sitzt in einem Büro, das sie sich mit anderen Doktorandinnen und Doktoranden teilt. An den Wänden hängt eine wilde Mischung verschiedenster Poster. Es ist ein bisschen eng, aber irgendwie heimelig.

Legler forscht in einem Team am Institut für Physiologische Chemie am Endocannabinoid-System. Es geht um Cannabis-ähnliche Substanzen, die der Körper selbst produziert, um deren Bindungspartner, die Cannabinoid-Rezeptoren, und um einiges mehr. "Das ist Grundlagenforschung", erklärt die Biologin. Sie erzählt mit Begeisterung davon – aber sie weiß auch, dass die Berufswelt für sie später entschieden anders aussehen kann. "Mein Studium ist eben komplett auf Wissenschaft ausgelegt."

Das Ada-Lovelace-Mentoring-Programm richtet sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen wie Legler, an Absolventinnen, Doktorandinnen und Postdocs aus der Physik, Mathematik, Informatik, Chemie, Pharmazie und eben der Biologie. Seit 2008 gibt es dieses Programm an der JGU, es ist in seiner Art einzig.

25 Mentees pro Jahr

Frauen wie Legler sollen für die Karriere in der Wirtschaft, im öffentlichen Dienst oder in der Forschung fit gemacht werden. Dafür steht ihnen zwölf Monate lang eine erfahrene Mentorin zur Seite und sie schöpfen aus einer reichen Auswahl an Trainings, Workshops und Veranstaltungen. "Bis zu 25 Teilnehmerinnen können wir im Jahr aufnehmen", erzählt Projektleiterin Heike Ettischer. "Unser Programm ist sehr aufwendig. Wir stecken beispielsweise viel Energie in das Matching von Mentorin und Mentee."

Dr. Martina Hubensack sitzt in einem modern ausgestatteten Besprechungsraum. Die Klimaanlage hat die Luft tüchtig gekühlt. "Ich schalte die schnell runter", meint die promovierte Pharmazeutin. Sie ist Molecule Leader im Biotech Project Management der Sparte Biopharmazeutika des Pharma-, Chemie- und Life-Science-Unternehmens Merck. Noch arbeitet sie in Darmstadt, doch bald führt ihre Karriere sie nach Boston.

Vor drei Jahren kam Hubensack zum Mentoring-Progamm. "Am Anfang habe ich mich natürlich gefragt: Was kann ich den Frauen vermitteln?" Aber im Gespräch wurde das schnell klar. "Es ist ein großer Sprung – raus aus der Wissenschaft, hinein in die Wirtschaft. Das hier ist eine völlig andere Welt. Es wird anders gesprochen, andere Dinge sind wichtig. Die Mentees wollen von mir wissen, wie es in so einem großen Unternehmen läuft."

Hineinwachsen in eine andere Welt

Für Hubensack ist Kommunikation rund um den Globus das tägliche Brot. Sie koordiniert verschiedenste Gruppen von Mitarbeitern, damit Medikamente reibungslos in die klinische Prüfung kommen. In dieses Arbeitsfeld musste sie erst hineinwachsen – und von diesen Erfahrungen kann sie nun vieles weitergeben.

"Die Mentees wollen aber auch ganz praktische Dinge wissen. Es geht um Bewerbungsgespräche, Bewerbungsunterlagen und um mögliche Berufswege." Zum Thema Beruf und Familie kann Hubensack ebenfalls beitragen: "Ich habe zwei Kinder. Es erfordert schon viel Planung, alles unter einen Hut zu bringen."

Vom modernen Merck-Besprechungsraum zurück in Leglers kleines Büro: Es liegen zwar etliche Kilometer dazwischen, aber die Themen sind bei Mentorin und Mentee dieselben. "Ich möchte wissen, wie Projektmanagement funktioniert", meint die Biologin. "Wie sind die Abläufe in einem großen Konzern? Kann ich mir vorstellen, dort zu arbeiten? Oder soll ich doch lieber nach mittelständischen Unternehmen schauen? Und was Bewerbungen angeht, was muss ich beachten?"

Einige Antworten hat Legler schon erhalten. "Das Mentoring-Programm bietet ja auch verschiedenste Seminare an, in denen Kommunikation, Selbstmarketing oder Karriereplanung thematisiert werden. Das bringt sehr viel."

Mentoring-Programm kommt an

Diese Rückmeldung bekommt Ettischer häufig. Das Ada-Lovelace-Mentoring-Programm kommt an – bei Mentees wie bei Mentorinnen. "Wir arbeiten sehr individuell und wir können inzwischen auf eine breite Palette an Mentorinnen zurückgreifen", so die Projektleiterin. Frauen aus dem Bundeskriminalamt oder dem Umweltministerium sind darunter, Mitarbeiterinnen in Verlagen oder Pharmaunternehmen und Forscherinnen von diversen Hochschulen.

"Die Mentees können gern Wünsche äußern, wen sie sich als Mentorin vorstellen können – oder als Mentor. Wir sind da nicht dogmatisch." Es können auch Personen vorgeschlagen werden, die noch nicht im Mentorinnen-Pool des Projekts zu finden sind. "Wir stellen dann den Kontakt her. Bis jetzt haben alle zugesagt."

Hubensack zieht bald nach Boston, Legler wird dann per Skype mit ihrer Mentorin Kontakt halten. "Das ist kein Problem", so die Biologie-Doktorandin. "Es ist ja fast so, als würden wir uns im Gespräch gegenübersitzen." Sicher erfährt sie dann auch noch einiges darüber, wie ein Berufsleben in den USA aussehen kann.