Studium und Kinder passen gut zusammen

7. Mai 2012

Bei RTL verkörperte sie die "Super Nanny". Das brachte Katia Saalfrank hohe Einschaltquoten, aber auch viel Kritik. Zuvor studierte sie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) Pädagogik. Das war für die mehrfache Mutter nicht immer einfach, sie musste Familie und Studium unter einen Hut bringen. Wie ihr das gelang, erzählt die Alumna auf Einladung des Frauenbüros der JGU.

"Ich finde, die Studienzeit ist die beste Zeit, Kinder zu bekommen", sagt Katia Saalfrank. Im Atrium maximum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) sitzen vorwiegend Frauen. Einige haben ihre Kinder zur Veranstaltung mitgebracht. Eine Studierende erzählt, dass ihr Babysitter leider ausgefallen ist. Das Statement des Gastes auf dem Podium trifft also einen Nerv im Saal.

"Wir haben uns gesagt, wir machen mal was ganz Großes über Vereinbarkeit", erzählt Stefanie Meyer, Frauenreferentin des Frauenbüros der JGU. "Und wir holen mal jemand ganz anderes, als vom Frauenbüro erwartet wird." Also luden sie Katia Saalfrank ein, damit die erzählt, wie das zusammengeht: Studium, Karriere und Familie. Dass dabei auch Saalfranks Zeit als "Super Nanny" zur Sprache kommen würde, war klar, selbst wenn dieser Abschnitt ihres Lebens nicht die Hauptrolle spielen sollte.

Vier Söhne und ein Studium

"Ich bin etwas überschwemmt", meint Saalfrank gleich zu Beginn. "Es sind so viele Bilder, die hier hochkommen. Ich war lange nicht mehr hier. Ich sehe bekannte Gesichter." Im Publikum sitzen nicht nur ihre Eltern, sondern auch eine ehemalige Professorin. "Ich bin also im Moment ... emotional."

Von 1995 bis 2000 studierte die gebürtige Bad Kreuznacherin in Mainz Pädagogik. Zuvor hatte sie ihr Abitur in Wiesbaden gemacht. Der erste Sohn kam zwischen schriftlicher und mündlicher Prüfung. "Die Leute waren irritiert: 'Jetzt hat sie schon zum Abi ein Kind gekriegt, nun kommt zum Studium gleich das nächste.' Beim dritten gab es dann Kopfschütteln und Tuscheln nicht nur hinter vorgehaltener Hand", erzählt die 40-Jährige. Und es kam noch ein vierter Sohn.

An die Uni habe sie ihre Kinder nie mitgebracht. Die Professorin im Publikum erhebt Einspruch. Saalfrank fragt nach: "Habe ich doch? Habe ich auch gestillt? Ja? Im Seminar?" Solche Unterbrechungen bringen sie nicht aus dem Konzept, im Gegenteil: Saalfrank scheint sich darüber zu freuen.

Ohne den Mann unmöglich

Eine Hauptrolle in Saalfranks Schilderungen spielt ihr Mann. "Allein hätte ich das alles nicht geschafft. Er studierte damals auch und wir haben uns die Arbeit geteilt. Wir hatten Absprachen, die bis heute laufen." Anstrengend war es dennoch: "Ich habe das Gefühl, ich habe zehn Jahre nicht durchgeschlafen."

Im Jahr 2000 kam die Familie nach Berlin. Saalfrank ließ sich als Musiktherapeutin ausbilden. Sie beobachtete, wie nach und nach Formate wie die Psychologie-Doku "Zwei bei Kalwass" im Privatfernsehen Fuß fassten. "Ich dachte: Boah, wenn die so etwas über Familien machen, bin ich sauer, wenn die das nicht gut machen." Sie arbeitete damals schon in der Familienberatung. Nun begannen Gedankenspiele, wie eine Sendung mit Familien aussehen müsste.

TV-Sender sucht Kindertherapeutin

Einige Jahre später stieß sie auf eine Anzeige: "Großer TV-Sender sucht Kindertherapeutin für TV-Projekt." Saalfrank rief an, wollte ihr Konzept vorstellen, RTL aber suchte eine Frontfrau, die vor der Kamera steht. "Ich legte auf."

"Du spinnst wohl. Jahrelang liegst du mir in den Ohren und immer mit der Kalwass. Nun fährst du da mal hin", wetterte ihr Mann. Sie fuhr hin, stellte sich vor und bekam den Job. "Ein Wochenende habe ich durchgeheult vor Aufregung." Dann informierte sie sich genauer. "Ich war schon sehr erschrocken, als ich hörte, was die 'Super Nanny' ist." Sieben Jahre arbeitete sie bei RTL.

Etwas bewegen für Kinder

"Ich denke, ich bin so lange dabei gewesen, weil ich viel ändern konnte." Saalfrank steht zu dem Format, auch wenn das Kapitel für sie abgeschlossen ist. "Wenn ich inhaltlich was für Kinder bewegen will, ist das Fernsehen ein gutes Medium." Zur Kritik an der Sendung äußert sie sich eher allgemein: "Ich habe mich nie davor gescheut. Kritik ist wichtig gewesen an vielen Stellen." Sie verstehe, wenn Menschen sagen: Kinder und Familien so zu zeigen ist schlecht. "Das ist eine Haltung." Nur teilt sie sie nicht.

"Generell hätte ich Lust auf andere Sendungen, aber ich möchte nicht Fernsehen machen, ich möchte Fernsehen nutzen für eine Botschaft." Zurzeit nutzt sie viele Medien, um Botschaften rüberzubringen. So ist sie mit dem Abendprogramm "Nein Mama!" auf Tour, sie schreibt Kolumnen und Bücher. Vor allem aber führt sie eine eigene Praxis für Familienberatung und Supervision.

Kritikerinnen vor dem Saal

"Man darf nicht alles so durchplanen", rät sie den Frauen im Publikum. "Ich habe nie gedacht: Ich will das und das. Sich etwas zu wünschen ist das eine, aber ich würde nicht lange nach vorne planen. Ich finde, man muss authentisch bleiben, bei sich sein."

Saalfrank macht Mut: Das war der Tenor nach ihrem Auftritt im Atrium maximum. Vor dem Saal allerdings verteilten Kritikerinnen Flugblätter gegen die ehemalige "Super Nanny" und ihr TV-Format: "In dieser Sendung wurden Kinder über Jahre in entwürdigender Weise zur Schau gestellt", stand dort zu lesen. Die Kommission für Jugendmedienschutz verhängte gar ein Bußgeld von 30.000 Euro wegen Verletzung der Menschenwürde. "Eine Alumna, auf die wir stolz sein können?", war das Flugblatt überschrieben. Die Antworten fielen gegensätzlich aus an diesem Tag.