27. Juni 2019
Die Kampagne "Dein Tag für Afrika" geht erfolgreich ins 17. Jahr: 170.000 junge Menschen erarbeiteten 1,3 Millionen Euro, die nun an Bildungsprojekte in Afrika fließen. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) war ein Zentrum der aktuellen Kampagne: Hier fand die bundesweite Pressekonferenz statt. Und hier arbeiteten auch 17 Schülerinnen und Schüler im Botanischen Garten, im Büro des Präsidenten oder in der Zentraldruckerei.
Der Baum wurde extra für diesen Tag aufgespart. "Wir möchten, dass die Jugendlichen etwas Besonderes tun", betont Bernd Mengel, Obergartenmeister fürs Freiland, "etwas, woran sie sich erinnern, was Bestand hat." Die Amerikanische Linde wartet in ihrem Topf, während Leopold und Lukas ein Loch in den von Wurzeln durchzogenen Boden graben. Mehrere Gärtner und eine Gärtnerin stehen dabei. Sie geben Ratschläge: "Erstmal lockert ihr die Erde, dann schaufelt ihr sie aus. Ihr könnt sie ruhig direkt am Loch liegenlassen, wir brauchen sie ja später noch."
Die Mittagssonne brennt kräftig. Die beiden Schüler schwitzen, während sie mit den schweren Spaten hantieren. Sie konzentrieren sich auf ihre Arbeit. Der 14-jährige Lukas ist aus Rüsselsheim angereist, der 12-jährige Leopold kommt direkt aus Mainz. Die beiden gehören zu den insgesamt 17 Schülerinnen und Schülern aus der Region, die anlässlich des Aktionstags "Dein Tag für Afrika" an die JGU gekommen sind, um in verschiedensten Bereichen zu arbeiten. Zehn von ihnen sind im Botanischen Garten untergekommen. In Zweiergruppen jäten sie Unkraut, entfernen überflüssiges Laub – oder pflanzen einen Baum.
Partnerland Ruanda
Junge Menschen jobben für einen Tag, der Erlös kommt Kindern und Jugendlichen in Afrika zu Gute: Mit dieser Idee startete die Aktion Tagwerk vor 17 Jahren. Die Initiative entstand in Mainz, die ersten Aktionstage beschränkten sich noch auf Rheinland-Pfalz. Doch die Bewegung wuchs beständig und hat mittlerweile längst die Landesgrenzen überwunden. 2019 steht "Dein Tag für Afrika" unter dem Motto "Bildung ernährt Menschen". Bundesweit engagieren sich rund 170.000 Schülerinnen und Schüler, um ihren Lohn für Bildungsprojekte in Ruanda, Uganda, Burundi, der Elfenbeinküste, Burkina Faso, Äthiopien und Guinea zu spenden. Insgesamt werden etwa 1,3 Millionen Euro zusammenkommen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Schülerinnen und Schüler den Aktionstag nutzen, um auf dem Mainzer Campus zu arbeiten. Doch es ist eine Premiere, dass die Initiative mit ihrer bundesweiten Pressekonferenz an der JGU zu Gast ist: Das assoziierte Helmholtz-Institut Mainz stellte seine Räumlichkeiten zur Verfügung. "Wir freuen uns, dass wir die Universität als offiziellen Partner gewinnen konnten", meint Nora Weisbrod, Vorsitzende von Aktion Tagwerk. "Sie unterstützt uns schon länger."
Der Präsident der JGU, Prof. Dr. Georg Krausch, fühlt sich der Aktion Tagwerk besonders verbunden. Die Universität pflegt vielfältige Kontakte mit dem rheinland-pfälzischen Partnerland Ruanda. Vorigen Herbst reiste er gemeinsam mit Weisbrod und der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Deyer in das ostafrikanische Land. Sie besuchten unter anderem drei Projekte von Aktion Tagwerk: das Straßenkinderzentrum "Les Enfants Dieu" in Kigali, eine als Frauenkooperative geführte Ziegelbrennerei in Tumba und den Imanzi-Kindergarten "City of Mainz" in Kigali. Der Kindergarten wurde mitfinanziert aus Mitteln der Kampagne "Ein Tag für Afrika", und ein Teil des aktuellen Erlöses wird nun Kindern aus armen Familien den Besuch in "City of Mainz" ermöglichen.
Hilfe zur Selbsthilfe
"Unser Ziel ist es immer, die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort mit Hilfe zur Selbsthilfe zu verbessern", sagt Weisbrod. Diesen Gedanken führt Dreyer, Schirmherrin der Aktion Tagwerk und der Kampagne "Dein Tag für Afrika", weiter aus. Die Ministerpräsidentin schaut dabei auch auf die Partnerschaft mit Ruanda: "Ich finde, was zwischen der Bevölkerung dort und den Rheinland-Pfälzern passiert, kommt in der Presse zu kurz." Es habe sich eine rege Graswurzelpartnerschaft entwickelt. "An dem kleinen Land kann man sehen, wie es geht, die Welt zu verändern." Dabei betont sie: "Entwicklungshilfe passt gar nicht zu dem, was wir tun. Wir begegnen uns auf Augenhöhe." Es gehe nicht um Bevormundung, sondern darum, die Menschen zu ermächtigen.
Die Journalistin Gundula Gause unterstützt die Aktion Tagwerk seit 2011. Sie reiste häufig nach Afrika und bekräftigt: "Es geht darum, jeder einzelnen Person, der wir dort begegnen, eine Perspektive zu verschaffen." An Weisbrod gerichtet, lobt sie die Aktion Tagwerk: "Ihr nehmt die Jugend mit. Das ist ganz wichtig."
Tatsächlich baut der Verein in mehrfacher Hinsicht auf junge Menschen. Die Kampagne "Dein Tag für Afrika" wird zu großen Teilen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Freiwilligen Sozialen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst organisiert. Die meisten haben gerade das Abitur hinter sich. Sie gehen an die Schulen, um zu informieren und zum Mitmachen zu motivieren. Sie suchen Kontakt zu Schülerinnen und Schülern, aber auch zu den Lehrkräften. Mit Erfolg: Bundesweit sind aktuell 547 Schulen mit im Boot.
Die Arbeit auf dem Mainzer Campus gestaltete sich vielseitig für die Schülerinnen und Schüler. Sie arbeiteten im Sekretariat des Präsidenten oder halfen bei Hausmeistertätigkeiten. "Mir ging es auch darum, etwas Neues zu entdecken", sagt Doran aus Groß-Gerau. "Deswegen wollte ich speziell an die JGU." Der 14-Jährige lernte die Zentraldruckerei der JGU kennen. Diesen kleinen Einblick ins Berufsleben nimmt er als Gewinn mit.
Wiedersehen im nächsten Jahr
Der 14-jährige Tobias aus Mainz jobbte in der Telefonzentrale. "Ich durfte Anrufe entgegennehmen und weitervermitteln. Das hat Spaß gemacht." Sein Klassenkamerad Andreas kontrollierte an der Uni-Pforte den Verkehr. Er konnte mitentscheiden, wer auf den Campus fahren darf und wer nicht.
"Wir sind das erste Mal bei der Aktion dabei", erzählt der 13-Jährige. "Eine neue Mitschülerin ist in unsere Klasse gekommen und hat vom Tag für Afrika erzählt. Wir fanden die Idee toll und haben uns entschlossen, als Klasse mitzumachen."
Am Ende des Tages häufen sich im Botanischen Garten der JGU Berge aus Laub und Unkraut. Die 15-jährige Lara und die 16-Jährige Jasmin haben einen guten Teil dazu beigetragen. Die beiden Schülerinnen aus Alzey waren seit 8 Uhr mit Schere, Rechen und Schubkarre unterwegs. "Was Soziales zu tun ist mir wichtig", sagt Lara, "aber ich fand es auch interessant, mal die Uni zu sehen." Sie will wiederkommen – spätestens im nächsten Jahr: Am 16. Juni 2020 ist es wieder soweit. Bereits ab August 2019 wird das Team von Aktion Tagwerk an der neuen Kampagne arbeiten, denn solch ein Tag lässt sich unmöglich an einem Tag organisieren.