5. Juni 2015
In der Zentralmensa der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist einiges in Bewegung. Der neue Leiter der Hochschulgastronomie hat viele frische Ideen mitgebracht. Carsten Rast zeigt gern, was er und sein 170-köpfiges Team tun – und der gelernte Koch erzählt, was er plant, um die Mensa und ihre Ableger noch attraktiver zu machen.
Die gefüllte Nudel hat genau die richtige Konsistenz, nicht schwammig, aber auch nicht zu hart. In zwei Hälften gebrochen, gibt sie ihr Inneres preis: grünes Pesto, weißer Ricotta und rötlich-braune Pinienkern-Stückchen. "Was gibt es für eine Sauce dazu?", fragt Carsten Rast den Koch. Gemüsesauce wird es sein. "Mit Kirschtomaten als Topping?"
Als "Cappelletti verdure" ist das Gericht auf der Speisekarte der Zentralmensa der JGU zu finden. Für Studierende kostet es 2,45 Euro und 4,50 Euro für den Rest der Welt. Dazu gibt es einen Salat, der seine eigene Geschichte hat. Aber dazu später …
Es ist erstaunlich unkompliziert, einen Termin mit dem Leiter der Hochschulgastronomie des Mainzer Studierendenwerks auszumachen. "Klar zeige ich Ihnen alles", meint Rast am Telefon. "Kommen Sie um halb elf, da ist schon was los, da können Sie was sehen. Ich führe Sie gern durch die Mensa. Und wenn Sie danach noch Fragen haben, beantworte ich die gern bei einem guten Kaffee."
Produkte aus der Region
Es beginnt hinter der Mensa, an der Rampe. Lastwagen karren zwischen 6:00 und 11:30 Uhr die Lebensmittel an. Rast könnte mit beeindruckenden Zahlen um sich werfen. Aber er beschränkt sich. "Eine Tonne Pommes sind es in der Woche und wenn wir Currywurst auf dem Speiseplan haben, sind das 2.500 Stück am Tag." Was nicht angeliefert wird: "Rohes Hackfleisch und Eier." Allzu schnell könnten solche Lebensmittel bei Einlagerung von Keimen befallen sein und Keime kann Rast nicht brauchen. Hygiene ist ein wichtiges Stichwort – an jeder Station in der Mensa.
Seit Juli 2014 leitet Carsten Rast die Mainzer Hochschulgastronomie, zu der nicht nur die Zentralmensa auf dem Gutenberg-Campus gehört. Auch um die Dependancen im Georg Forster-Gebäude, im Haus für Recht und Wirtschaft und um diverse Cafeterien sowie um die Hochschule Mainz und ihren Ableger in der Holzstraße kümmert er sich. Rast ist gelernter Koch und hat ein Studium draufgesattelt. Für die JGU hat er viele Pläne: "Einiges ist schon umgesetzt, anderes wird noch kommen."
Rast führt von der Rampe hinein in die Büroräume zu seinen beiden Wirtschafterinnen. "Sie sind neben den Küchenleitern eine der Säulen hier." Hier sitzt auch sein Einkäufer. "Im Einkauf läuft bei uns alles über Ausschreibungen." Rast ist dabei wichtig, dass die Produkte möglichst aus der Region kommen. "Und die Qualität muss natürlich stimmen." Er bewegt sich auf einem schmalen Grat, denn der Kostendruck ist hoch. Das Essen für die Studierenden muss preiswert bleiben.
Wenn es in den Bauch der Mensa geht, sind weiße Kittel Pflicht. Auch für den Chef in Anzug und Krawatte. "Welche Größe haben Sie?"
Backwaren selbst gemacht
Rast führt in den Raum, in dem die Einsätze für die Lastwagen gereinigt werden. Er zeigt Kühlräume groß wie Wohnzimmer und eine Salatwaschküche. Nagelneu ist die automatische Spülmaschine für Salat, die wie eine auf dem Rücken liegende Riesenwaschmaschine aussieht. "Für jede Salatsorte kann die Drehzahl eingestellt werden." 50 Kisten Salat werden hier täglich gereinigt.
Wenig zu sehen ist in Sachen Fleisch und Aufschnitt. Früher gab es eine Metzgerei, aber heute kommt alles fertig portioniert an. "Wir schneiden die Wurst nicht selber, das würden unsere Kunden auch gar nicht merken. Wir machen lieber Sachen, die direkt beim Kunden ankommen."
Das zeigt sich besonders in der Bäckerei. "Sie ist eines meiner Babys." Um 11 Uhr ist hier nichts mehr los. "Unsere Bäcker fangen kurz nach Mitternacht an." Aber Rast kann fertige Produkte und Backwaren in Gärung zeigen. "Jedes unserer Croissants ist ein Einzelstück, jedes Teilchen ist Handarbeit." Hinzu kommen Kuchen, Roggenbaguette, Fladenbrot und einiges mehr. "Eine solche Qualität finden Sie in keiner normalen Bäckerei." Das zahlt sich aus. "Gegenüber dem Vorjahr hatten wir in diesem Monat bei unseren belegten Backwaren eine Absatzsteigerung von 22 Prozent."
Es geht vorbei an der Kaffeeküche in den zentralen Kochbereich. Einige Angestellte mischen hier mit Gummihandschuhen Soßen unter den gewaschenen Salat. Auch das ist neu. "Es kommt besser an als die Dressing-Spender zur Selbstbedienung und es schmeckt besser." Eine weitere Neuerung ist der Krautsalat. "Viele unserer Angestellten kommen aus dem Balkan. Die können Krautsalat."
Von Salz und Krautsalat
Eine selbstbewusste Dame lädt zum Probieren ein. Der Salat ist gut gewürzt, Gurkenscheiben und frische Petersilie tun ein Übriges. "Nicht zu salzig, oder?", meint die Dame mit Blick auf ihren Chef. Darüber wurde wohl diskutiert. Nein, nicht zu salzig – und wunderbar zu den Cappelletti.
170 Angestellte arbeiten in Rasts kulinarischem Reich. Der Ton hier ist entschieden milder als in manch anderer Küche üblich, aber entschieden ist Rast schon. Er weiß, was er will. "Manches ist nicht leicht durchzusetzen", räumt er ein. So plant er die Führungsstrukturen zu ändern. Bisher ruht die Leitung auf einigen wenigen Schultern. Er möchte kleinere Einheiten bilden, Verantwortung verteilen. Das stößt auf ein eher gemischtes Echo.
Rast hat viel zu zeigen. Da ist die vollautomatische Spülstraße im Keller, die Durchlauf-Friteuse für Fleisch und Pommes, der 200-Liter-Kessel für das Dessert oder die Riesenpfannen für die Hähnchenbrüste, die es heute mit einer Limonen-Thymian-Sauce gibt.
Mittlerweile ist es 11:50 Uhr. Eine digitale Anzeigetafel offenbart, dass bereits 700 Gerichte verkauft wurden. "Das ist nicht schlecht für 20 Minuten." Dabei wird es erst noch richtig voll. 6.500 Mahlzeiten täglich geben Rasts Leute allein in der Zentralmensa heraus. "Umsatz ist einfach megawichtig für uns", meint er. Im Moment sind die Kapazitäten nicht voll ausgeschöpft, aber er arbeitet daran.
Neues Eismobil
Diese Arbeit ist überall zu spüren, ob an der Essensausgabe an den Theken oder zwischen den Tischen. Rast reagiert auf Trends. "Den traditionellen Braten gibt es bei uns kaum noch, dafür bieten wir immer mehr vegetarisch oder vegan an. Das ist die Zukunft." Die Chinapfanne etwa kommt ganz ohne tierische Produkte aus. Ein Koch bereitet sie live mitten im Raum zu. "Frontcooking" ist das neudeutsche Wort dafür.
In Kühlregalen stehen neben den gängigen Limo-Produkten auch Bio-Limonaden. Hinten ist die große Salattheke aufgebaut – in dieser Form eine Neuerung. "Was wir hier haben, ist besser und vielseitiger als das, was Sie an den Supermarkttheken finden", wirbt Rast selbstbewusst. "Und alles ist täglich frisch."
Am mobilen Eisstand endet die Tour. "Wir haben neben Vanille und Schokolade auch Sorten wie Strawberry Cheesecake und Joghurt griechische Art." Eine Schlange hat sich gebildet. "Der Stand ist ganz neu. Er kommt super an. Ich habe heute Morgen selbst eine halbe Stunde bedient, um zu spüren, wie sich das anfühlt."
Schnell schiebt Rast noch einen Plan hinterher: Demnächst will er einen motorisierten Dreiradwagen über den Campus schicken, mit Blitzfrühstück. "Das wird super." Er grinst breit. "Haben Sie noch Fragen?" Nein, alles beantwortet. "Kommen Sie ruhig wieder. Ich zeige Ihnen gern noch mehr.".