Gefragter Finanzfachmann mit Herz für die Lehre

28. August 2018

Er gehörte zu den fünf Wirtschaftsweisen und berät seit über 45 Jahren das Bundesministerium für Finanzen: Prof. Dr. Rolf Peffekoven ist einer der prominentesten Fachleute auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Finanzpolitik. 1983 kam er als Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), 2006 wurde er emeritiert. Vor wenigen Wochen nun feierte er seinen 80. Geburtstag.

Er sitzt auf der Terrasse seines Hauses in Nieder-Olm. Von hier oben kann sein Blick weit über rheinhessische Dörfer und Weinberge schweifen. Noch weht ein kühler Wind am Morgen dieses heißen Sommertags. Prof. Dr. Rolf Peffekoven trägt Jeans und einen Blouson über dem offenen Hemd. "Vielleicht hätte ich für diesen Termin doch die bessere Jacke anziehen sollen", überlegt er kurz. Vor seiner Emeritierung gehörten Schlips und Anzug zum festen Repertoire. "Das ist das Erste, das ich im Ruhestand so richtig erkannt habe: Wie angenehm es ohne ist", erzählt Peffekoven lächelnd. Dann wird er etwas ernster: "Das Zweite ist, was ich meiner Familie zugemutet habe mit meiner Arbeit und all den vielen Verpflichtungen."

Am 29. Juni 2018 feierte Peffekoven im kleinen Kreis seinen 80. Geburtstag. Sicher hätte er es auch opulenter haben können, schließlich hat er als Finanzexperte deutliche Spuren hinterlassen: Zehn Jahre lang gehörte er zum Kreis der Wirtschaftsweisen, genauer zum Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Bis heute ist er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen. Er saß in unzähligen Gremien und war als Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz und des Bundes im Gespräch.

Wie wird man Professor?

"Die Arbeit an der Universität habe ich aber immer als meine Haupttätigkeit betrachtet", betont Peffekoven. "Der Gesellschaft ökonomische Zusammenhänge zu erläutern, ist mir wichtig. Ich will diese Zusammenhänge erklären und zwar möglichst verständlich." 1983 kam Peffekoven als Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seine Vorlesungen waren schnell ungeheuer beliebt und regelmäßig überlaufen. "Viele Studierende, die meine Lehrveranstaltungen besuchten, meinten zuerst, Finanzwissenschaft sei langweilig. Danach aber sagten sie mir: 'Jetzt finde ich es spannend.' Mehr können Sie in meinem Beruf nicht erreichen."

"Wie wird man eigentlich Professor?", fragt der gebürtige Gummersbacher – und gibt selbst die Antwort darauf: "Das sind mehr oder weniger Zufälligkeiten. Sie müssen Ihre Chancen bekommen. Und ich habe sie bekommen. Sie müssen Personen kennenlernen, die sagen: 'Der taugt was.'" Das ist seine Kurzfassung, gewürzt mit einer kräftigen Prise Understatement. Eine ausführlichere Version schiebt er gleich noch nach ...

Als Schüler am Gymnasium in Neuwied gab Peffekoven sehr erfolgreich Nachhilfeunterricht. "Die Lehrer schickten die jüngeren Schülerinnen und Schüler zu mir, vor allem die, die Schwierigkeiten in Mathematik oder Latein hatten. Ich brachte sie meist auf eine Drei oder sogar eine Zwei. Ich hatte schon früh ein gewisses Talent zur Lehre, deswegen war für mich klar: Ich wollte im Beruf etwas mit Pädagogik zu tun haben."

Nach dem Abitur schrieb sich Peffekoven für Mathematik an der Universität Bonn ein. "Dort entwickelte sich damals gerade ein Zentrum für mathematische Wirtschaftstheorie. Einige Kommilitonen meinten: 'Wir verstehen nicht, was da passiert. Komm doch mal mit.'" Peffekoven kam mit und verstand prompt. "Es war faszinierend." Er wechselte das Fach und fand in dem Volkswirt, Mathematiker und Physiker Wilhelm Krelle und im Sozialpolitiker Wilfried Schreiber wichtige Mentoren.

Über Bochum und Kiel nach Mainz

Im Jahr 1963 absolvierte Peffekoven sein Examen und ging als wissenschaftlicher Assistent an die TU Berlin, wo er 1966 promoviert wurde. "Einen Tag nach der Promotion bekam ich das Angebot, in der Wissenschaft zu bleiben. Das sah damals nicht unbedingt lukrativ aus." Dennoch entschied sich Peffekoven für diesen Weg. Früh schon machte er sich an seine Habilitation. Dafür kam er das erste Mal Ende 1968 an die JGU. Hier wurde er schließlich im Wintersemester 1969/1970 habilitiert. Mit gerade mal 31 Jahren folgte er zunächst einem Ruf auf eine Professur in Linz, dann kam noch ein Angebot der Ruhr-Universität Bochum. "Ich habe damals ein halbes Jahr in Mainz gewohnt, Am Gonsenheimer Spieß. Montags und dienstags fuhr ich nach Bochum, dann nahm ich den Nachtzug nach Linz, wo ich bis donnerstags blieb."

An der Universität Bochum hielt es Peffekoven bis 1980, danach wechselte er an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, wo er Direktor am Institut für Finanzwissenschaften wurde. "Kiel lag für mich zwar am Ende der Welt, doch es war ein wichtiges Zentrum für Wirtschaftswissenschaften in Deutschland."

Auf Dauer war die Stadt im Norden dann aber doch zu weit ab vom Schuss. Drei Jahre später entschied sich Peffekoven erneut für Mainz und die JGU. "Viele haben das nicht verstanden. Sie meinten: 'Kiel ist doch der bessere wissenschaftliche Standort.' Ich entgegnete ihnen ganz selbstbewusst: 'Der bessere Standort ist dort, wo ich bin.' Das war natürlich eine unerhörte Überheblichkeit von mir." Tatsächlich fühlte sich Peffekoven nun näher an jenem Geschehen, das er seit Jahrzehnten mit seinem Sachverstand begleitete: Die Finanzmetropole Frankfurt mit der Europäischen Zentralbank lag in nächster Nachbarschaft und auch die damalige Bundeshauptstadt Bonn war gut erreichbar. Das gab den Ausschlag.

Handbuch für Finanzminister

Immer mehr wurde Peffekoven zum gefragten Fachmann. Er sah eine ganze Reihe von Finanzministern kommen und gehen – von Helmut Schmidt bis Olaf Scholz. Sie alle holten sich Rat bei ihm. "In meiner Bochumer Zeit schrieb ich ein kleines Buch zur Einführung in die Grundbegriffe der Finanzwissenschaft. Es hieß, viele der Minister hätten das Bändchen in der Tasche gehabt, um immer mal was nachzuschlagen. Theo Waigel hat mir das einmal bestätigt."

Als Nachfolger von Finanzminister Waigel war Peffekoven Ende der 1990er-Jahre im Gespräch. Dass daraus nichts wurde, bedauert er nicht. Womöglich hätte ihn das zu sehr einem politischen Lager zugewiesen. "Ich wollte frei von solchen Dingen bleiben. In meiner Position wird man sowieso viel zu schnell in eine Schublade gesteckt. Und dann können Sie als Fachmann sagen, was Sie wollen, gewisse Leute hören nicht mehr zu."

Gehört wurde Peffekoven, ob es nun um Bund-Länder-Finanzen, öffentliche Verschuldung oder um die Reform der Mehrwertsteuer ging: "Für Taxifahrten zahlen Sie 7 Prozent Mehrwertsteuer, für ein Mietauto 19 Prozent", erregt er sich auch jetzt noch. "Das können Sie doch keinem klar machen." 2010 machte Peffekoven in seiner Funktion als Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft einen Reformvorschlag für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von etwa zehn Prozent. CDU/CSU und FDP hatten für den Fall einer gemeinsamen Koalition eine Reform der Mehrwertsteuer in Aussicht gestellt. "Das Einzige, was sie dann gemacht haben, war die Einführung des ermäßigten Satzes nun auch für Hotelübernachtungen – allerdings wiederum nicht für das Frühstück im Hotel."

Auch mit 80 viel gefragt

Vieles bringt Peffekoven zur Sprache an diesem Sommermorgen. Dabei berührt sich unweigerlich auch Privates mit Wirtschafts- und Finanzthemen. So hat der 80-Jährige gesundheitlich einiges mitgemacht. Nach einer schweren Operation vor zwei Jahren stellten sich Herzprobleme ein. Just in diesem Jahr erschien dann ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Finanzen zu "Über- und Fehlversorgung in deutschen Krankenhäusern: Gründe und Reformoptionen". Sicher wäre es sträflich, hier allzu enge Verbindungen zu konstruieren, doch immerhin zeigt dieses Beispiel, welche Bedeutung Peffekovens Fachgebiet für die vielen Facetten des Lebensalltags zukommt.

Nach seiner Emeritierung im Jahr 2006 hat sich der Professor sehr bewusst aus der Universitätslehre zurückgezogen. Auch seine Beiratsposten bei Banken und Unternehmen lässt er allmählich auslaufen. Doch von Ruhestand kann nur bedingt die Rede sein. Der Ehrensenator der JGU sitzt in wichtigen Gremien, darunter im Stifterkuratorium der Universität und im Aufsichtsrat des Mainzer Hochschulfonds. Seine Expertisen sind immer noch höchst gefragt und er will auch weiterhin das Wissen um ökonomische Zusammenhänge unter die Leute bringen. Das verständliche Erklären von Wirtschafts- und Finanzfragen bleibt ihm ein Anliegen, das sich durch sein Leben zieht. "Damit uns Politik und Presse nicht alles Mögliche auftischen können", so Peffekoven.