7. Juni 2019
Einst leitete sie das Institut für Genetik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), heute engagiert sich Prof. em. Dr. Elisabeth Gateff für die Verschönerung des Campus: Er soll grüner werden und mit Kunstwerken geschmückt zum Verweilen einladen. Anlässlich des Rosenfests im Botanischen Garten der Universität zeigte sich ein weiteres Mal, mit welch großer Energie und durchschlagender Wirkung die Biologin ihre Anliegen vorantreibt.
Prof. Dr. em. Elisabeth Gateff ist auf dem Weg vom Botanischen Garten der JGU zu den Rosenbeeten vor dem Philosophicum. Die Gärtnerin und Gartengestalterin Irmelin Dörnfeld begleitet sie. "Sie soll unbedingt mitkommen", hatte Gateff angeregt. "Denn sie ist eigentlich die Hauptfigur, sie hat alles geschaffen." Kurz vor dem Ziel werden die Frauen von Bekannten angesprochen. "Wir haben uns eure Beete eben mal angeschaut", meint einer mit breitem Lächeln. "Das habt ihr sehr, sehr schön gemacht." Gateff lächelt zurück und ergreift die günstige Gelegenheit: "Ihr könnt doch auch mal so was stiften", regt sie an. "So arm seid ihr nicht – und ihr könntet mal beim Jäten helfen."
Am Ziel angekommen, bleibt Gateff noch einen Moment bei diesem Thema: "Es ist wichtig, dass die Leute Eigeninitiative entwickeln. Wir sollten uns mehr privat engagieren und mehr für die Dinge um uns herum interessieren. Wir können nicht immer hoffen, dass der Staat oder die Kommunen alles richten werden. So funktioniert das nicht."
Bronzeskulptur zwischen Blüten
In den letzten drei Jahren sorgte Gateff dafür, dass die Front des Philosophicums und die vorgelagerte, frisch errichtete Schule des Sehens von Rosen gerahmt werden. Sie beauftragte Dörnfeld, die sie beim Freundeskreis des Botanischen Gartens kennenlernte, eine Reihe von Beeten zu planen und anzulegen. "Wir haben hier über 50 verschiedene Sorten gepflanzt", erzählt die Gärtnerin. Im Moment sind die Sträucher in voller Blüte, auch wenn zurzeit der Mehltau einigen Exemplaren zu schaffen macht. "Ich habe zwar gespritzt – nicht mit Gift, mit Stärkungsmittel –, aber das hilft nur bedingt", bedauert Dörnfeld. Doch die Pflanzen werden sich erholen, und dem Laien fällt es sowieso nicht auf: Er sieht nur die Blütenpracht.
Die Beete an der Grenze zum Georg Forster-Gebäude bepflanzte Dörnfeld mit pflegeleichten Rosenbüschen. "Die können wir einfach wuchern lassen", sagt sie. Etwas anspruchsvoller zeigt sich jenes Beet direkt vor der Schule des Sehens. "Irmelin hat hier eine automatische Tropfbewässerung installiert", erzählt Gateff, während sie sich immer wieder herunterbeugt, um Unkrautpflänzchen aus der lockeren Erde zu zupfen.
Die emeritierte JGU-Professorin stiftete nicht nur die Rosenbeete, sie veranlasste auch, dass eine Bronzeskulptur inmitten der bunten Blüten einen besonderen Akzent setzt: "Die Hockende" nannte der Künstler Reinhold Petermann seine Schöpfung, die nun mit der älteren Petermann-Skulptur vor dem Philosophicum, dem "Mann mit Pferd" von 1968, korrespondiert.
Gateff kaufte bereits mehrfach Werke von Bildhauerinnen und Bildhauern aus der Region an, um damit den Botanischen Garten der JGU zu schmücken. Dort sind unter anderem die "Tanzpartie" von Eberhard Linke oder die "Bärin mit Jungem" und "Susanne sitzend" von Anne Kuprat zu bewundern. "Ich will noch weitere Skulpturen auf den Campus bringen", kündigt die Biologin an. "Wir haben so viele große Künstler in der Region. Ich möchte, dass sie hier repräsentiert sind."
Rosen wachsen, Graffiti weicht
Einige Schritte weiter zeigt das Philosophicum seine Backsteinfront. In der Vergangenheit wurden diese Mauern mehrfach mit Graffiti verunstaltet. Nun ranken Rosen daran empor, die Kritzeleien sind verschwunden. "Ich glaube, dass Menschen zögern, etwas Schönes und mit Liebe Gepflegtes zu verunstalten", meint Gateff. "Bei einer kahlen Wand sind die Hemmungen geringer."
Tatsächlich werden die Rosenbeete gut angenommen. Der betriebene Aufwand scheint geachtet zu werden. Es findet sich auch kaum Müll zwischen den Pflanzen. "Wir brauchen noch mehr schöne Dinge und mehr Pflanzen auf dem Campus. Sie laden zum Durchatmen und Verweilen ein."
Nach dem Besuch beim Philosophicum zieht es Gateff zurück in den Botanischen Garten. Dort haben Prof. Joachim W. Kadereit, PhD, der Direktor des Gartens, und sein Team sowie der Freundeskreis zum Rosenfest eingeladen. Am Vormittag hatte Dörnfeld bereits eine Führung zur Kulturgeschichte der Rosen angeboten, später zeigte Kadereit, was der Garten an Rosengewächsen zu bieten hat. Vor allem aber wartet hier ein Reigen von Kunstwerken, an deren Entstehung Gateff nicht ganz unschuldig ist.
Bilderzyklus für Botanischen Garten
Im Frühjahr 2017 wartete der renommierte kanadische Autor und Maler Daniel Gagnon-Barbeau vor dem Philosophicum auf seine Frau Agnes Whitfield, die dort als Gastprofessorin einen Vortrag hielt. "Damals sah ich Frau Gateff, wie sie ihre Beete bewässerte", erzählt Gagnon-Barbeau. "Sie wirkte wie eine Emanation der Rosen. Wir teilen die Liebe zu den Blumen. Sie inspirierte mich sehr." Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen dem Ehepaar und der emeritierten Professorin. "Man kann sagen, Mainz ist eine zweite Heimat für uns geworden."
Gagnon-Barbeau spazierte viel durch den Botanischen Garten, und er kaufte Rosen auf dem Wochenmarkt im Schatten des Doms. "Es ist ein wirklich zauberhafter Ort", schwärmt er. In der Folge entstand der Zyklus "Les roses des Mayence": Die zwölf Bilder sind mit schwungvollem Pinselstrich ausgeführt, mit leuchtendem Hintergrund und mit Bouquets in Rosa-, Rot- und Brauntönen, die Leben und Vergehen zugleich andeuten: Schemenhafte Blumen öffnen sich prachtvoll, verwelken und fallen zu Boden.
"Ich möchte, dass die Betrachterinnen und Betrachter an der Oberflächenstruktur erkennen, wie die Bilder entstanden sind", betont Gagnon-Barbeau. "Sie sollen weder zu abstrakt noch zu figurativ sein. Vor allem sollen sie das Lebendige zeigen, das Leben feiern. Sie sind eine Hommage an Elisabeth Gateff und den Botanischen Garten." Für einen Tag bilden sie nun, auf Staffeln um einen alten Baum gereiht, den Mittelpunkt des Rosenfests. Der Künstler stiftete sie dem Botanischen Garten. Sie fügen sich nahtlos in Gateffs großes Projekt, den Campus zu begrünen und mit Kunst zu schmücken.