30. Juli 2024
Die Hochschule für Musik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat wieder zu Semesterabschlusskonzerten der Abteilung Jazz und Populäre Musik eingeladen: Neun Formationen glänzten mit Swing und Soul, Modern Jazz, Elektro-Pop und mehr.
"Wir stellen hundert Stühle auf, aber das wird wie immer nicht reichen", prognostizierte Jesse Milliner, Professor für Jazzarrangement und Komposition an der Hochschule für Musik Mainz, bereits im Vorfeld. Tatsächlich füllt sich an diesem späten Nachmittag der Innenhof der Hochschule für Musik der JGU recht schnell – trotz beinahe 35 Grad Celsius im Schatten. Die Semesterabschlusskonzerte der Abteilung Jazz und Populäre Musik sind beliebt und werden längst als feste Größe wahrgenommen.
"Wir können uns nicht über mangelnden Zuspruch beklagen", freut sich Milliner. "Unter anderem informieren wir unser Publikum über unseren Newsletter. Das funktioniert sehr gut und wir hoffen, dass es so bleibt. Denn für unsere Studierenden ist es wichtig, dass ihre Leistungen wahrgenommen und gewürdigt werden."
Blue Note Records
Fünf Acts stehen an diesem Samstag auf dem Programm, vier weitere werden am Sonntag folgen. Unter einem großen Sonnensegel macht sich als Opener das fünfköpfige Ensemble "Early Blue Note", geleitet von Max Jentzen, bereit. Es wird Stücke aus den frühen Jahren des berühmten Plattenlabels "Blue Note Records" auf die Bühne bringen.
Zuvor begrüßt Sebastian Sternal, Professor für Jazzklavier und Leiter der Abteilung für Jazz und Populäre Musik an der Hochschule für Musik Mainz, die Gäste. "Die Temperaturen sind ordentlich", meint er mit einem Blick hinauf in den blauen Himmel. "Wir freuen uns, dass Sie trotzdem gekommen sind. Wenn es zu heiß wird, können Sie zwischendurch gern auch ins Gebäude gehen. Dort ist es schön kühl." Davon werden einige Gebrauch machen.
Die Ballade "Polka Dots and Moonbeams" stammt aus dem Jahr 1940. "Sie ist durch Frank Sinatra bekannt geworden", erzählt die Sängerin von "Early Blue Note". Nun wird sie das Stück mit heller, glasklarer Stimme interpretieren, begleitet von Saxofon und Gitarre, Kontrabass und Schlagzeug. Entspannter Swing gibt nun für 30 Minuten den Ton an, garniert mit kurzen Instrumental-Soli, die das Publikum mit viel Applaus honoriert.
Ständig Neues probieren
"Bei den Abschlusskonzerten präsentieren wir die Ensemblearbeit, die im Laufe des Semesters geleistet wurde", erklärt Milliner. "Unsere Lehrenden suchen sich jeweils einen Schwerpunkt aus, zu denen dann Combos aus den Reihen der Studierenden zusammenfinden. So lernen sie bereits im Studium, sich immer wieder auf etwas Neues einzustellen, in verschiedensten Kombinationen die unterschiedlichsten Stile zu spielen. Wir vermitteln damit eine wesentliche Kernkompetenz: Die Arbeit im Ensemble wird für unsere jungen Musiker*innen immer eine wichtige Rolle spielen."
"Groove Lab" bringt mit zwei Sängerinnen Neo-Soul auf die Bühne. Die fünfköpfige Combo unter Leitung von Mario Garruccio setzt auf gefühlvolle Stücke wie Lee Fields' "Forever". Während die Soli von "Early Blue Note" ganz im Stil der 1930er- und 1940er-Jahre noch sehr knapp gehalten waren, bekommen die Musiker hier mehr Raum – und wieder ordentlich Applaus. Auch "Groove Lab" richtet sich nach klaren Vorgaben: Vier Stücke sind eingeplant. "Das muss reichen", heißt es zum Abschied trocken. Für Zugaben bleibt einfach keine Zeit.
Von Swing über Soul geht es zum Modern Jazz: "Wayne's World" widmet sich den Kompositionen des Saxofonisten Wayne Shorter, der auch bei "Blue Note Records" spielte. Eigentlich sollte Claudius Valk, Professor für Saxofon, Improvisation an der Hochschule für Musik Mainz, die Leitung dieser Gruppe übernehmen, doch leider fiel er krankheitsbedingt aus. Milliner sprang ein und arbeitete intensiv mit den Studierenden. Die fünfköpfige Formation präsentiert ein Medley aus "E.S.P." und "Black Nile." Shorters Instrumentalstücke kommen komplex daher, die Soli fallen großzügig aus. Am Ende zeigt sich der Gitarrist erleichtert und zufrieden: "Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber es lief, glaube ich, ganz gut."
Engagierte Gäste
Das Publikum stimmt applaudierend zu. Es ist sehr konzentriert dabei, das fällt in der Sommerhitze ganz besonders auf. Jedes Solo wird mit Beifall honoriert, ansonsten bleibt es eher ruhig in den Reihen: Hier nickt mal ein Kopf, dort wippt ein Fuß, das war's. Viele Stammgäste der Abteilung Jazz und Populäre Musik haben sich eingefunden, man kennt sich. Aber auch Laufkundschaft kommt dazu. Um die 200 Zuhörer*innen haben sich letztlich versammelt.
Die sechs Musiker der "Weather Report Combo" unter Leitung von Oliver Lutz betreten wortlos die Bühne. Nun soll es um eine der bekanntesten Jazzrock-Gruppen gehen: Stücke wie "Punk Jazz" und "River People" fügen sich nahtlos zu einem Ganzen. Die Musik von "Weather Report" klingt mal vertrackt, mal eingängig, mal beinahe psychedelisch. Mit ihrem Auftritt bringt die Combo eine neue Farbe ins Konzert.
Dann knallt es zum Finale – allerdings ohne Jazz, dafür mit witzigen, frechen und pointierten Texten: Sieben Studierende haben sich gemeinsam mit Dozentin Vroni Frisch an die Kompositionen der Berliner Elektro-Band "Laing" gewagt. Drei Frauen stehen in roten Sport-Shirts und weißen Schweißbändern am Mikro, um die männliche Muskulatur zu besingen: "Zeig deine Muskeln, / zeig mir, dass nichts an dir hängt" … "komm, komm schon, Kleiner".
Ins Publikum kommt Bewegung. Einige tanzen zum eingängigen, kräftigen Beat. Nach gut drei Stunden Konzert ist alles wieder wach und ausgesprochen fröhlich. Laings Musik wirkt wie ein Sprung ins frische Nass. "Wir wollen Vielfalt zeigen", meinte Sternal zur Begrüßung. Das ist bereits an diesem Samstag gelungen. "Auch wir haben leider keine Zugabe", hieß es aus den Reihen der "Laing Combo". Dafür aber geht es am Sonntag noch einmal von vorn los: mit vier weiteren Formationen.
Text: Gerd Blase