Neuer Direktor setzt auf maßgeschneiderte Förderung

1. März 2017

Das Gutenberg Forschungskolleg (GFK) hat einen neuen Direktor. Prof. Dr. Thomas Hieke, Professor für Altes Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), übernimmt für drei Jahre die Leitung des Exzellenzkollegs, das herausragende Wissenschaft fördert und die Hochschulleitung in wichtigen strategischen Fragen berät.

Der Experte für das Alte Testament hat in sein Professorenbüro im Forum universitatis eingeladen: ein Schreibtisch, eine Couch, zwei, drei Stühle, aber vor allem Bücherregale – das wichtigste Arbeitswerkzeug des Theologen.

Forschungsförderung und strategische Beratung durch ein Expertengremium

Mit Hieke als Nachfolger des Physikers Prof. Dr. Matthias Neubert ist nun zum ersten Mal ein Geisteswissenschaftler zum Direktor des GFK gewählt worden. JGU-Präsident Prof. Dr. Georg Krausch schlug ihn vor. "Das hat mich sehr gefreut." Krausch, selbst Physiker, betonte bereits bei zahlreichen Anlässen, wie wichtig ihm die Geistes- und Sozialwissenschaften sind. "Damit ist es ihm sehr ernst", bekräftigt Hieke.

Das Gutenberg Forschungskolleg wurde im Jahr 2007 gegründet, um exzellente Wissenschaft auf mehreren Ebenen voranzutreiben. "Die Fellowships sind eine Säule", sagt Hieke. "Eine zweite ist die Beratung der Hochschulleitung in strategischen Fragen." Unter anderem geht es dabei um die Entwicklung neuer Perspektiven, neuer Forschungsschwerpunkte. "Das GFK will die Spitzenforschung an der JGU unterstützen, dabei aber auch die fachliche Vielfalt einer Volluniversität im Blick behalten."

Fächervielfalt leben

Die Vielfalt bildet sich auch im Leitungsgremium des GFK mit je zehn stimmberechtigten und stellvertretenden Mitgliedern ab: Der Linguist trifft auf die Medizinerin, die Juristin auf den Geowissenschaftler. Hier sind nicht nur fast alle Fachbereiche vertreten, sondern auch Mitglieder kooperierender Mainzer Forschungseinrichtungen: des Max-Planck-Instituts für Chemie, des Helmholtz-Instituts Mainz, des Instituts für Molekulare Biologie sowie des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie.

"Es ist faszinierend, wie die Kolleginnen und Kollegen voneinander lernen", sagt Hieke, der bereits seit drei Jahren im Leitungsgremium sitzt. "Es gibt einen regen Austausch zwischen den Disziplinen. Auch mir tut dieser Blick über den Tellerrand gut."

Die Vorteile der interdisziplinären Kommunikation spürt nicht nur das Leitungsgremium. Auch die 16 aktuellen und die 29 ehemaligen Fellows sind auf vielfältige Weise eingebunden. Zahlreiche Treffen haben ein Netzwerk entstehen lassen. "Unter anderem laden wir mit unserer 'Tea Time' und anderen Veranstaltungen regelmäßig zu einem zwanglosen Austausch ein. Es gibt Workshops und unser Gewölbegespräch: Dort versuchen die Fellows, ihre Forschung möglichst allgemeinverständlich darzustellen."

Gegen die Gießkanne

Ein GFK-Fellowship bietet viel, das betont der Professor für Altes Testament. "Allerdings erscheint Vielen die Schwelle sehr hoch, Anträge für potenzielle Fellows zu stellen." Neue Fellows müssen hervorragende wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen aufweisen. Durch die Einholung externer Gutachten werden die bisherigen Errungenschaften geprüft und Potenziale für die Zukunft ausgelotet.

Mit den GFK-Fellowships können Berufungen von Forscherinnen und Forschern der Spitzenklasse auf Professuren zur Weiterentwicklung der Institute und Fachbereiche unterstützt werden. Hinzu kommt der Aufbau von Kooperationen mit externen Fellows, die regelmäßig an die JGU kommen. "Unsere Ordnung ist in diesem Bereich sehr flexibel", erklärt Hieke. "Wir wollen die Möglichkeiten künftig noch besser ausschöpfen." Unterschiedliche Fach- und Forschungskulturen erforderten unterschiedlich zugeschnittene Unterstützung. "Wir brauchen keine Förderung mit der Gießkanne, sondern gezielte Maßnahmen. Die Geistes- und Sozialwissenschaften benötigen beispielsweise keine teuren Geräte oder Labore, sondern im Wesentlichen Personal zur Unterstützung der Lehre. Wir brauchen maßgeschneiderte GFK-Fellowships." Daran will Hieke arbeiten.

Zeit für die Zielgerade

Eine erste Maßnahme ist das 2016 neu ins Leben gerufene Förderformat "Zielgerade". "Die Idee dahinter ist, dass wir ein kleiner dimensioniertes Fellowship schaffen. Gerade die Kolleginnen und Kollegen in den Geistes- und Sozialwissenschaften haben oft schon lange ein großes Projekt in der Schublade liegen, an dem sie arbeiten. Sie schaffen es neben ihrer Lehrtätigkeit und ihren anderen Verpflichtungen zwar, mal ein einzelnes Kapitel zu schreiben. Aber für eine umfassende Überarbeitung und für die Fertigstellung fehlt ihnen einfach die Zeit. Ich habe selbst vor einigen Jahren mithilfe des Opus magnum-Programms der VolkswagenStiftung einen Kommentar des Buchs Levitikus fertigstellen können und gemerkt, wie der eingeräumte Freiraum die Arbeit an diesem Werk beflügelt hat."

Die "Zielgerade" soll auch hier Zeit schaffen, die ersten Anträge sind da. "Wir wenden uns mit dem Format an herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unserer Universität, die ein besonders innovatives und für ihren Bereich wegweisendes Projekt bereits weitgehend fertiggestellt haben."

Neben der Weiterentwicklung der GFK-Fellowships will Hieke die Expertise des Leitungsgremiums verstärkt in die strategische Beratung der Hochschulleitung und der Fachbereiche einbringen. "Daneben würde ich gern die Zusammenarbeit mit den anderen Exzellenzkollegs, mit dem Gutenberg Lehrkolleg und dem Gutenberg Nachwuchskolleg, intensivieren. Die Einheit von Forschung und Lehre ist ein altes Humboldtsches Ideal, das sich auch hier spiegeln könnte."

Drei Jahre kann Hieke als GFK-Direktor Akzente setzen – und danach? "Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen ist hervorragend, sie ist sehr produktiv und macht viel Spaß. Ich freue mich darauf, mit dem Leitungsgremium in Zusammenarbeit mit der Hochschulleitung neue Impulse für die Verbesserung der Rahmenbedingungen zu erarbeiten und die Forschungsstrukturen an unserer Universität mitzugestalten. Davon kann ich nach diesen drei Jahren auch selbst profitieren, wenn ich mich wieder voll meiner eigenen Forschung widmen werde", so der Theologe.