Werben für die Chemie mit einem Hauch Magie

25. Oktober 2015

Das NaT-Lab für Schülerinnen und Schüler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) feiert in diesem Jahr seinen 15. Geburtstag. Rund 200 Projekte für Kinder und Jugendliche verschiedener Klassenstufen stehen jährlich auf dem Programm, um ihre Neugier zu wecken auf Chemie, Physik und Mathematik, auf die Geowissenschaften oder die Biologie. Prof. Dr. Wolfgang Tremel war im Jahr 2000 einer der Initiatoren des NaT-Lab und kam zur Jubiläumsfeier, um zu gratulieren, um von den Anfängen zu erzählen und um es für die jungen Gäste blitzen und krachen zu lassen.

Wer will schon Chemie studieren? "Chemie gilt als schwierig und sie kommt immer ein wenig esoterisch daher", sagt Prof. Dr. Wolfgang Tremel. Auch die Medien rücken das Bild nicht unbedingt gerade, meint der Chemiker. "In den Filmen sind die Erfinder, die Naturwissenschaftler, meist die Deppen. Es fehlen Vorbilder. Und Chemie hat immer eine schlechte Presse. Dabei hätten wir ohne Chemie weder etwas zu essen noch etwas anzuziehen." Ob Medikamente oder Farben, Waschpulver oder Autos, in allem steckt letztlich Chemie. "Chemie bestimmt unser Leben."

Aber nur wenige widmen ihr Leben – oder zumindest ihr Berufsleben – der Chemie. Das hat der Professor am Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie der JGU über die Jahrzehnte beobachten müssen. Die Berufsaussichten sind gut, die Studierendenzahlen dennoch eher gering. Nach der Maueröffnung im Jahr 1990 geriet einiges in Bewegung. Vieles war positiv, keine Frage. Doch die Chemie traf es schlimm: Überall schwand die Zahl der Studienbewerber drastisch, an der JGU sank sie von 300 auf 20. Das wollten Tremel und seine damalige Kollegin Prof. Dr. Claudia Felser nicht hinnehmen. "Wir wussten einfach, dass wir etwas tun müssen."

Die Harry-Potter-Show

Tremel und Felser legten den Grundstein für das NaT-Lab auf dem Gutenberg-Campus, das in diesem Jahr seinen 15. Geburtstag feiert – eingebettet in den Familien- und KinderUni-Mitmachtag. Dieses Event lockt alljährlich viele große und vor allem kleine Gäste auf den Campus. Im Innenhof des Neubaus Physikalische Chemie bieten eine Reihe von Ständen Experimente und Wissenswertes zum Thema "Licht!". Die Grüne Schule der JGU ist ebenso dabei wie das Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz (RGZM) oder das Ada-Lovelace-Projekt. Doch während draußen der Nachwuchs von Stand zu Stand wandert, sich über die Beleuchtung im alten Rom informiert oder Pflanzenblätter abklebt, um zu schauen, was ohne Sonnenlicht passiert, findet im Hörsaal eine kleine NaT-Lab-Geburtstagsfeier statt.

Tremel erzählt von den Anfängen des Schülerlabors. "Meine Kollegin Claudia Felser und ich sind durch die Schulen getingelt, um Versuche im Unterricht zu zeigen." Ende der 1990er-Jahre stand Harry Potter hoch im Kurs, also inszenierte Tremel eine Harry-Potter-Show. Es gab chemische Experimente, farbenfroh und natürlich mit Explosionen. "Einen Tag später tauchte ein Reporter der BILD-Zeitung auf. Er wollte mich mit Zauberhut fotografieren. Ich meinte: Ich habe keinen." Aber der Reporter hatte einen Hut dabei und einen Zaubermantel lieferte er gleich mit. So schaffte es der Professor als Zauberer großformatig ins bundesweite Boulevardblatt. Diesmal hatte Chemie eine etwas andere Presse.

Das NaT-working SchülerInnenlabor

Im Jahr 2000 startete dann das "NaT-working SchülerInnenlabor". Eigene Räume gab es zunächst nicht und die Finanzierung war unsicher. Aber das Angebot mit Experimentierkursen für Schülerinnen und Schüler, mit Forscherwochenenden und Sommercamps setzte sich durch. Mehr und mehr Institute der JGU schlossen sich an, auch Max-Planck-Institute waren bald mit von der Partie. Es ging nicht mehr nur um Chemie. Biologie, Physik und andere naturwissenschaftliche Fächer kamen hinzu. Die Robert Bosch Stiftung, mehrere Ministerien und der Fonds der Chemischen Industrie unterstützten und unterstützen bis heute das Projekt.

Das interdisziplinäre NaT-Lab wurde dann 2002 gegründet. Es bot ein gemeinsames Konzept für alle Partner. Finanziell allerdings ging es weiter auf und ab. Welschof erinnert sich besonders an den Einsatz des damaligen Dekans des zuständigen Fachbereichs, Prof. Dr. Wolfgang Hofmeister, der in einem schwierigen Moment kategorisch bekräftigte: "Wir brauchen das NaT-Lab."

Hofmeister, mittlerweile Vizepräsident für Forschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist ebenfalls zum Geburtstag gekommen. "Es ist schön, 15 Jahre auf ein Projekt zurückzublicken, das die Naturwissenschaften mit so viel Elan und Begeisterung vermittelt, dass insbesondere die Jugend Interesse gewinnt und sich herantraut", meint er – und fügt lächelnd hinzu: "Wir haben immer mal Experimente gemacht, die die Feuerwehr auf den Plan riefen. Das, was hier passiert, ist greifbar, ist erfassbar, ist nachvollziehbar. Nur machen Sie es zuhause bitte nicht nach." Dann wird er wieder ernster: "Wichtig ist, dass wir mit der Jugend in Kontakt bleiben, damit wir überprüfen können, ob wir auch noch so reden, dass es andere verstehen."

Das NaT-Lab

Mittlerweile ist das NaT-Lab zur festen Größe geworden und in ein modernes Labor umgezogen. Rund 9.000 Kinder und Jugendliche besuchen jährlich die rund 200 Projekte. Dabei ist nicht nur die breite Fächerauswahl ungewöhnlich. Das Angebot des NaT-Lab im Rahmen des junior campus mainz (jcm) ist auch in anderer Hinsicht sehr umfassend: Sein Angebot macht junge Menschen von Schulbeginn bis zum Abitur kontinuierlich auf Naturwissenschaften neugierig. Daneben gibt es Lehramtskandidatinnen und -kandidaten schon früh die Chance, mit Schulklassen zu arbeiten.

"Mit 15 Jahren befindet sich ein Mensch in der Pubertät, alle Wege sind offen", sagt Welschof. "Das NaT-Lab hat mit 15 Jahren Bestehenszeit die Pubertät schon hinter sich. Unser Programm, unsere Projekte sind ausgereíft."

Allmählich wir es unruhig im Hörsaal. Die Jüngeren unter den Gästen rutschen auf ihren Plätzen hin und her. Sie wollen keine Vorträge hören, sie wollen Chemie sehen und riechen. "Dann würde ich sagen, wir legen los", sagt Tremel. "Wir schalten das Licht aus und zaubern." Zusammen mit vier Helfern greift er tief in die Wunderkiste der Chemie.

Flammende Zauberhüte züngeln auf dem Tisch hinter Tremel. Sie flackern in Rot und Blau, in Rosa und Orange. "Das ist Methanol in Reaktion mit einigen Salzen", meint der Professor. Wasserstoffperoxid und Kaliumpermanganat vereinen sich zu einer gewaltigen Wolke. Chemiker spucken Feuer. Und natürlich knallt es irgendwann gewaltig. "Aaaah!", tönt es im Saal. Der Funke springt über wie damals, als Tremel begann, mit zauberhafter Chemie durch die Schulen zu tingeln und das NaT-Lab seinen Anfang nahm.