Wie die JGU nachhaltig ihren Energieverbrauch reduziert

6. Februar 2024

Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist in Sachen Energie ein Großverbraucher, daran führt kein Weg vorbei. Exzellente Lehre und Spitzenforschung sind nicht zum Nulltarif zu haben. Doch mit klugem Management, intelligenter Controlling-Software und modernster Technik lässt sich viel erreichen. Das haben Dr. Joachim Liers und sein Team in den vergangenen Jahren wirkungsvoll demonstriert.

Der Campus der JGU mit seinen rund 30.000 Studierenden, mit etwa 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist im Grunde eine Stadt für sich. Um diese Stadt am Leben zu halten, müssen Heizungs-, Lüftungs- und Kühlanlagen einwandfrei laufen, für Strom und Beleuchtung muss gesorgt sein. Spezielle Einrichtungen wie Labors stellen dabei noch mal besondere Anforderungen, ganz zu schweigen von hochkomplexen Anlagen wie dem Mainzer Mikrotron (MAMI). "Allein der Teilchenbeschleuniger schlägt mit 20 bis 25 Prozent in unserem Energieverbrauch zu Buche", berichtet Dr. Joachim Liers. "Bevor im MAMI ein Experiment anläuft, benachrichtigen wir deswegen regelmäßig unser Versorgungsunternehmen."

Dr. Joachim Liers, Leiter des Dezernats Bau- und Liegenschaftsmanagement der JGU (Foto: Peter Pulkowski)
Dr. Joachim Liers, Leiter des Dezernats Bau- und Liegenschaftsmanagement der JGU (Foto: Peter Pulkowski)

 

Der Leiter des Dezernats Bau- und Liegenschaftsmanagement (BLM) kam 2002 an die JGU. "Damals habe ich die Abteilung Technik übernommen", erinnert er sich. Seitdem hat Liers einiges an Umstrukturierungen in seinem beruflichen Umfeld erlebt – und selbst kräftig mitgestaltet. In diesem Gespräch soll es um einen Bereich gehen, der in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist: das Energiemanagement. Dazu hat Liers zwei seiner Kollegen eingeladen – Jakob-Friedrich Seifert, Leiter der Abteilung Technisches Liegenschaftsmanagement, und Cemal Gasini vom Referat Energiemanagement.

Neue Stellen sparen Energie

Vor den 1980er-Jahren war zumindest in der Bundesrepublik der Energieverbrauch kein großes Thema. Das Wirtschaftswunder warf lange Schatten, der Blick war vor allem auf die boomende Industrie und den steigenden Wohlstand gerichtet. In der Folge allerdings nahmen andere Aspekte immer größeren Raum ein: Steigende Energiepreise schlugen mehr und mehr zu Buche, außerdem ließen Erkenntnisse zur Umweltzerstörung und zum Klimawandel aufhorchen. Der Begriff der Nachhaltigkeit bekam nach der Jahrtausendwende immer größeres Gewicht.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in Liers' Dezernat: "Im Jahr 2011 begannen wir, uns ausführlicher mit dem Thema Energiemanagement zu beschäftigen." In Seiferts Abteilung wurde ein eigenes Referat dafür eingerichtet. "Wir schafften eine entsprechende Controlling-Software an und schufen die Stelle eines Energie-Controllers", meint Liers mit Blick auf Gasini. "Denn um den Energieverbrauch effizienter zu gestalten, mussten wir ihn erst einmal im Einzelnen erfassen und überwachen können."

Gasini und Seifert sind erst seit 2022 mit von der Partie, doch sie können bereits einiges zu den Maßnahmen in Sachen Energiemanagement erzählen. "Über die Software konnten wir uns erstmals einen genauen Überblick verschaffen, was all die haustechnischen Anlagen auf dem Campus, vor allem die Lüftungsanlagen, die oft große Energiefresser sind, verbrauchen", so Seifert. "Damit bekamen wir zugleich die Möglichkeit an die Hand, Abläufe zu optimieren: Wann müssen Lüftungen genau mit welcher Leistung laufen? Wann können wir Heizungen herunterdrehen?"

Jakob-Friedrich Seifert, Leiter der Abteilung Technisches Liegenschaftsmanagement (Foto: Peter Pulkowski)
Jakob-Friedrich Seifert, Leiter der Abteilung Technisches Liegenschaftsmanagement (Foto: Peter Pulkowski)

 

Im Dialog mit allen Beteiligten

"Wir stehen allerdings vor dem Dilemma, dass wir es an der JGU mit vielen Altbauten zu tun haben", gibt Gasini zu bedenken. "Es war einerseits sehr aufwendig, diese zentral zu vernetzen, andererseits ist gerade der Energieverbrauch bei den Gebäuden aus den 1970ern entschieden höher als wir uns das wünschen würden." Liers nickt zustimmend: "Er kann schon mal um die 30 bis 50 Prozent über dem liegen, was wir von energieeffizienteren Neubauten gewohnt sind. Hier müssen wir in Zukunft auf breiter Front sanieren." Als Beispiel nennt er das alte Kasernengebäude im Johann-Joachim-Becher-Weg, in dem sich Räumlichkeiten für Naturwissenschaften und Medizin befinden. "Dort lief lange Zeit eine alte Dampfheizung und es war keine leichte Übung, die zum Teil maroden Hausanlagen auszutauschen." Doch auch das sei eher eine Zwischenstufe gewesen.

"Mit unserem Energiemanagement haben wir nicht nur ein Auge auf die Altbauten", stellt Seifert klar. "Bei Neubauten hatten wir durchaus schon die Situation, dass sie gleich zu Beginn nicht optimal liefen, zumindest was den Energieverbrauch angeht. Also entwickelten wir im Dialog mit allen Beteiligten ein Inbetriebnahme-Management."

Dialog ist ein gutes Stichwort: Liers und sein Team legen Wert auf intensiven Austausch. Das betrifft sowohl Bauträger als auch Hochschulleitung und die Nutzer*innen der Gebäude. "Das Präsidium etwa hat von Anfang an gesagt: Jawohl, das Thema Energiemanagement ist uns wichtig. Es wurden Mittel zur Verfügung gestellt, um neue Stellen zu schaffen. So ist Cemal Gasinis Referat nun mit drei Fachkräften besetzt. Solche Aufstockungen sind beileibe keine Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit. Wir sind sehr dankbar dafür."

Cemal Gasini leitet das Referat Energiemanagement an der JGU. (Foto: Peter Pulkowski)
Cemal Gasini leitet das Referat Energiemanagement an der JGU. (Foto: Peter Pulkowski)

 

"Als wir an die Nutzer*innen appellierten, die Heizthermostate nicht höher als auf Stufe 2,5 zu drehen, haben wir einmal mehr festgestellt, dass ein starkes Bewusstsein fürs Energiesparen vorhanden ist", ergänzt Seifert. "Wir bekommen sogar Hinweise von verschiedensten Seiten, wo es noch weiteres Potenzial geben könnte", freut sich Gasini. Mails zu dem Thema können einfach an energieeinsparung@uni-mainz.de gesendet werden. "Den Tipps gehen wir immer gerne nach", so Seifert, "auch wenn sich leider nicht immer alles als praktikabel herausstellt: Photovoltaikanlagen etwa lassen sich aus gebäudestatischen Gründen nicht auf jedem Dach anbringen."

Positive Bilanz

Liers skizziert nochmal kurz die besondere Situation an der JGU: "Wir sehen uns einer doppelten Herausforderung gegenüber. Auf der einen Seite müssen wir unsere Infrastruktur für exzellente Lehre und Forschung am Laufen halten. Auf der anderen Seite stehen Forderungen nach Einsparungen und damit eine Reduktion des CO2-Ausstoßes." Beides könne nur mit professionellem Energie-Controlling, mit hochmodernen, intelligenten Systemen und lebendigem Engagement auf allen Ebenen funktionieren. Wie schlägt sich die JGU hier, gelingt die Balance?

Die JGU verbraucht rund 55 Gigawattstunden Strom im Jahr, weitere 63 Gigawattstunden gehen in die Wärmeerzeugung. Doch diese beiden Zahlen allein sagen wenig aus. Liers schaut genauer auf seine Bilanzen: "Die Corona-Zeit lassen wir außen vor. Das war auch für uns in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmesituation. Aber wenn wir uns an der kurzfristigen Energieeinsparungsverordnung der Bundesregierung aus dem Jahr 2022 messen, stellen wir fest, dass wir die dort anvisierten 15 Prozent um einiges übertreffen konnten. Wir haben bis zu 25 Prozent erreicht. Natürlich liegt dies auch daran, dass wir im Winter 2022/2023 Büros und andere Räume nur noch auf 19 Grad, Labors sogar nur auf 17 Grad und Flure gar nicht mehr heizen mussten. Aber jenseits davon haben wir uns sehr genau die Grundlagen unserer Energieversorgung angeschaut und ein effektives Management geschaffen." Das zeigt Wirkung – und auch in Zukunft soll sich hier noch einiges tun.

Text: Gerd Blase