Hilfe in jeder Hinsicht

2. März 2015

Welcome to Johannes Gutenberg University Mainz – Willkommen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz! Dieser Satz sagt sich leicht. Doch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland haben oft einige Hürden zu nehmen, bevor sie sich in Deutschland wirklich heimisch fühlen können. Das Welcome Center der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hilft ihnen dabei – in allen Bereichen.

Chuan Li und Dan Rao sind gestresst, das ist dem jungen Paar deutlich anzumerken. Trotzdem lächeln die beiden entwaffnend offen, als sie den Raum betreten. "Entschuldigen Sie, ich glaube, wir sind etwas zu spät", meint Li. Noch spricht er Englisch, doch er will möglichst bald Deutsch lernen. Schließlich werden seine Frau und er einige Jahre in Mainz bleiben und darauf freut er sich. Nur muss erst all der Papierkram erledigt sein. Damit haben Rao und Li so ihre Not. Deswegen sind sie vor einigen Wochen erstmals ins Welcome Center der JGU gekommen.

Li lebt bereits seit Jahren in Europa. Er arbeitete in Großbritannien und zuletzt in den Niederlanden, bevor er nach Mainz ans Institut für Informatik kam. Der gebürtige Chinese kennt sich also aus im Ausland. Ein Visum für Deutschland hatte er bereits bei seiner Ankunft in der Tasche. Doch er rechnete nicht damit, dass auch seine Frau eines brauchen würde – und er ahnte schon gar nicht, wie kompliziert das Ganze werden sollte.

Ein Visum aus Amsterdam

"Ich musste extra zurück in die Niederlande fahren und in der deutschen Botschaft in Amsterdam ein Visum beantragen", erzählt Rao. "Wir haben viel herumtelefoniert, aber daran ließ sich leider nichts ändern", bedauert Gabriel Belinga Belinga. Zusammen mit Snjezana Teljega betreut er im Welcome Center Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus dem Ausland nach Mainz kommen.

Helfen konnte Belinga Belinga dem jungen Ehepaar dennoch in mehrfacher Hinsicht. Denn Li und Rao hatten den bürokratischen Aufwand insgesamt unterschätzt. "Als ich aus Utrecht wegging, sagte ich dort einfach Bescheid, dass ich in Deutschland krankenversichert sein werde. Das reichte ihnen. Sie wünschten mir eine gute Reise." Darüber hinaus konnte der Informatiker in den Niederlanden vieles einfach per E-Mail erledigen.

Um so mehr überraschte ihn die Flut an Formularen, die ihm in Deutschland entgegenschwappte. "Alles greift hier ineinander. Da sind die Leute sehr genau. Wenn ich das eine nicht habe, kann ich das andere nicht bekommen. So was kenne ich sonst nicht."

Behörden und Kulturen

Kleinigkeiten wurden zu Stolpersteinen. In einer Behörde etwa wunderte man sich, dass Li und Rao nicht denselben Nachnamen tragen. "Wir könnten gar nicht verheiratet sein, sagten sie. Dabei ist das in China gar nicht ungewöhnlich. Schon unsere Großeltern haben ihre Nachnamen behalten."

Belinga Belinga hört interessiert zu. Dieses Detail war selbst ihm neu. Dafür aber kennt er sich mit allem anderen ganz genau aus: Ob es um Kranken- oder Sozialversicherung, um die Eröffnung eines Kontos oder ein Visum geht, er weiß Bescheid. "Wir haben Übersetzungen aller wichtigen Formulare hier", erzählt er. Davon abgesehen lassen er und seine Kollegin ihre Klienten mit dem Papierkram nicht allein. "Haben Sie mittlerweile Ihre Sozialversicherungsnummer?", fragt er bei Li nach.

Seit März 2012 gibt es das Welcome Center an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Vorher fehlte uns solch eine zentrale Einrichtung", erzählt Teljega. Im Referat Welcome ist alles gebündelt, was internationale Gäste betrifft, ob es nun um die Begrüßung und Unterstützung von ausländischen Studierenden, um das Gastprofessoren-Haus auf dem Gutenberg-Campus oder um das Welcome Center für internationale Wissenschaftler wie Li geht.

Improvisation gefragt

"Gleich zu Beginn habe ich mich auf eine lange Ochsentour begeben", erinnert sich Belinga Belinga. "Ich habe alle Fachbereiche der Universität besucht, um unser Center bekannt zu machen." Denn ideal wäre es, wenn sich alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an die JGU kommen wollen, hier melden – und sei es nur über das extra entworfene Anmeldeformular, das Belinga Belinga und Teljega einen ersten Eindruck vermittelt, was sie den Gästen anbieten sollen. "Das kann auch einfach unser Newsletter mit Veranstaltungen auf Englisch sein", nennt Teljega ein Beispiel.

"Leider ist es immer noch nicht überall ausreichend bekannt, dass es uns gibt", erzählt Belinga Belinga. "Manche besuchen uns erst, wenn etwas schief gelaufen ist. Ich hatte schon Leute hier sitzen, die für die nächste Nacht keine Bleibe hatten, oder einen Wissenschaftler, von dem alle annahmen, er käme allein, der aber seine gesamte Familie mitbrachte."

Dann ist es Zeit zu improvisieren. "Im Extremfall habe ich mich schon aufs Fahrrad gesetzt, um ein Zimmer oder eine Matratze aufzutreiben." Doch solche Extremfälle soll es in Zukunft nicht mehr geben. Teljega und Belinga Belinga tun alles, um ihr Angebot bekannter zu machen, ein Angebot, das so viel mehr enthält als Notfallhilfe.

Sprachkurs, Stammtisch und mehr

So kann das Welcome Center Li einen Platz in einem speziellen Sprachkurs für Wissenschaftler, Doktoranden und Postdocs am Internationalen Studien- und Sprachenkolleg (ISSK) der Universität anbieten. Und falls dort kein Platz mehr für Rao frei sein sollte, wird sich Belinga Belinga nach einer Alternative umsehen.

"Wir haben auch einen Stammtisch", erzählt Teljega. "An jedem ersten Mittwoch im Monat treffen wir uns." Sie holt eine Mappe hervor, die für alle Besucher bereit liegt. Neben einem Stadtplan und einem Muster-Anmeldeformular findet sich darin eine ganze Reihe kleiner Hilfen rund um den Campus, die Behörden und die Region. Ganz neu ist eine Guideline des Welcome Center, die die Fachbereiche, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland erwarten, informiert, was im Einzelnen zu tun ist.

Li und Rao haben noch nicht all Probleme gelöst, aber zusammen mit Belinga Belinga und Teljega geht es Schritt für Schritt voran. Das Paar bekommt hier nicht nur Hilfestellung im Großen. Beim Small Talk darf es auch um Nebensächlichkeiten gehen, um den Alltag. "Am Institut sind alle sehr freundlich und aufgeschlossen", erzählt Li. "Sie arbeiten sehr konzentriert und genau." Er zögert kurz. "Aber mit dem Siezen und dem Duzen, da komme ich durcheinander. Wann spreche ich jemanden mit dem Vornamen an, wann mit dem Nachnamen, wann sage ich Professor, wann spare ich mir das?"

Belinga Belinga lächelt. Dafür gibt es keine echte Lösung. "Da sind wir selbst oft unsicher in Deutschland", gibt er zu. Li und Rao müssen es also einfach ausprobieren. Aber die beiden vermitteln ganz entschieden den Eindruck, dass sie es schaffen. Sie freuen sich auf ihre Zeit in Mainz.