22. April 2013
Dr. Sabine Hornung vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) sorgte im Sommer 2012 für eine Sensation: Sie präsentierte das bisher älteste römische Militärlager in Deutschland, eine riesige Anlage, die wahrscheinlich eine wichtige Rolle in Julius Caesars Gallischem Krieg spielte. Diese Meldung erregte viel Aufmerksamkeit, doch die Archäologin hat es schwer, ihr Projekt weiter zu finanzieren.
Das Römerlager war groß, sehr groß. "Es handelte sich um eine gewaltige Anlage", bekräftigt Dr. Sabine Hornung vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der JGU. Die Archäologin will eine geomagnetische Aufnahme des Areals zeigen. Doch ihr Computer, ein älteres Gerät, will nicht so recht. Das Hochladen dauert einen Augenblick.
Dann baut sich langsam ein Bild auf. Ein Hochspannungsmast zeichnet sich als weißer Fleck im Gelände ab, unterirdische Wasserleitungen neueren Datums bilden dunkle Linien. Aber Hornung verweist auf die blasseren Strukturen, die dem Betrachter auf den ersten Blick entgehen könnten. "Schauen Sie hier, der Graben. Und hier haben wir das Tor entdeckt."
Mit etwas Fantasie erkennt auch der Laie das Lager. Es ist beinahe quadratisch und erstreckt sich insgesamt über knapp 26 Hektar. "Die Ecken sind abgerundet wie bei einer Spielkarte." Auch im Lager selbst zeichnen sich Strukturen ab. "Hier hinten könnten die Hilfstruppen gelagert haben." Die Römer misstrauten ihren Verbündeten, also ist das Gebiet nochmals abgetrennt. "Durch Phosphatuntersuchungen könnten wir feststellen, ob es sich bei diesen Auxiliartruppen um Kavallerie handelte." Doch dafür braucht die Wissenschaftlerin Geld, Geld, das seit Jahren knapp ist.
Ältestes römisches Militärlager in Deutschland
Das Römerlager am Rande des Städtchens Hermeskeil im rheinland-pfälzischen Landkreis Trier-Saarburg ist nicht irgendein Römerlager. Es ist das bisher älteste römische Militärlager, das in Deutschland nachgewiesen wurde – und es ist eines der wenigen Feldlager aus der Zeit Julius Caesars in ganz Europa.
Im September 2012 ist Dr. Sabine Hornung mit diesen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit gegangen. In den Medien war das Interesse groß. Verschiedenste Fernsehsender drehten Berichte, alle großen Zeitungen schrieben davon. Hornung gab Interview um Interview. "Ich mache das gern", sagt sie.
Was die Archäologin allerdings deprimiert: Die Aufmerksamkeit schlägt sich nicht in barer Münze nieder. So muss sie immer wieder Mittel einwerben, damit es ein Stückchen weitergehen kann. "Das macht die Sache sehr, sehr schwer, da ich Monat für Monat um Gelder kämpfen muss."
Seit sieben Jahren ist Hornung als Grabungsleiterin in der Grenzregion zwischen Saarland und Rheinland-Pfalz unterwegs. Ursprünglich ging es dabei um den Hunnenring bei Otzenhausen im Landkreis St. Wendel. Er liegt rund fünf Kilometer vom Römerlager entfernt. Hierbei handelt sich um eine keltische Siedlung, ein Oppidum der Treverer – und just diesen Stamm der Treverer hat Julius Caesar in seinem Bericht "De bello Gallico" oder – zu Deutsch – "Über den Gallischen Krieg" verewigt, ein Werk, das vielen Lateinschülern bis heute den Schweiß auf die Stirn treibt.
Legionen vor den Toren der Treverer
"Julius Caesar berichtet von einer Aufspaltung der Treverer in eine romfreundliche und eine romfeindliche Partei." Die romfeindliche Fraktion unter Führung des Adeligen Indutiomarus zettelte immer wieder Unruhen an. In "De bello Gallico" ist von den römischen Vergeltungsschlägen in den Jahren 54/53 und 51 v.Chr. zu lesen. Die Treverer machten Caesar tüchtig zu schaffen.
Hornung und ihr Team stellten fest, dass der Hunnenring, das treverische Oppidum, in der Mitte des 1. Jahrhunderts v.Chr. verlassen wurde, also genau in der Zeit, in der höchstwahrscheinlich das Römerlager fünf Kilometer weiter nördlich, in Sichtweise sozusagen, angelegt wurde. War die Bedrohung durch die Römer zu groß? Immerhin standen hier bis zu 10.000 Legionäre einer Bevölkerung von vielleicht 1.000 Kelten im Oppidum gegenüber.
Das Militärlager war nicht auf Ewigkeit angelegt, die Truppen lagerten hier wohl nur einige Wochen oder Monate. Ein maximal zwei Meter tiefer Graben umgab das Lager. Den Erdaushub nutzten die Legionäre, um dahinter einen Erdwall aufzuschütten. "Er war mit Grassoden verstärkt und innen mit einem Flechtwerk befestigt."
Wie kann es gelingen, so eine Anlage, von der heute nur noch wenig zu sehen ist, genau zu datieren? Im Laufe der Jahre haben Hornung und ihre Studierenden zahlreiche Puzzleteile zusammengetragen. Da sind beispielsweise Scherben von Weinamphoren und von feinem italischen Trinkgeschirr.
Viele Puzzleteile für die Datierung
Oder Mühlsteine, die die Legionäre mitführten. "Sie bevorzugten flache, leichte Steine." Hornung zeigt ein Exemplar aus dem Lager. Sie holte sich Hilfe von Geologen, um die Herkunft zu bestimmen. "Das Gestein stammt aus dem französischen Zentralmassiv." Dort produzierte man damals bereits für den römischen Bedarf. Aber Hornung fand daneben auch einen schweren keltischen Mühlstein. "Damit haben sich die Legionäre beholfen, wenn es nichts Besseres gab." Das deutet auf eine frühe Zeitstellung des Militärlagers hin. Später waren die Legionen besser ausgerüstet, sie konnten auf schwere keltische Mühlsteine verzichten.
Ein weiteres Puzzleteil sind die zahlreichen Schuhnägel aus den Sandalen römischer Legionäre, die sich zwischen dem Steinpflaster einer Toröffnung fanden. Ihre Form hilft bei der Datierung. "Sehen Sie diese vier Buckel und dieses kreuzförmige Muster?"
Hornung ist überzeugt, dass die Treverer ihr Oppidum unter dem Druck des nahen römischen Lagers aufgaben und dass dies einen Teil der Auseinandersetzung aus dem Gallischen Krieg spiegelt. "Ich bin mir zu 90 Prozent sicher", so Hornung. Nur der Möglichkeit, dass dieses Militärlager knapp zehn Jahre jünger ist, räumt sie eine gewisse Plausibilität ein. "Für die 40er Jahre v.Chr. gibt es kaum Aufzeichnungen, da wäre einiges möglich."
Wenig Geld für Grabung und Forschung
Jahr für Jahr führt Hornung ihre Studierenden zum Hunnenring, ins Militärlager und zu anderen umliegenden Fundstellen. Um das Geld für die Grabungen allerdings muss sie sich selbst kümmern. Dafür wirbt sie insbesondere in den umliegenden Gemeinden um Unterstützung. Sie redet vor Gemeinderäten und versucht, Politiker zu überzeugen. "Ich sage ihnen: Ihr habt das und das, da liegt euer touristisches Potenzial. Ich kann euch das alles wissenschaftlich aufbereiten."
Doch diese Aufbereitung fällt ihr zunehmend schwer, denn der ständige Kampf um neue Mittel frisst ungeheuer viel Zeit und Energie. "Ich habe meine halbe Stelle hier am Institut selbst eingeworben. Und mit den Grabungen weiß ich nie, wie es weitergeht. Ich bräuchte etwas Planungssicherheit." Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat schon mit Geldern aus der Forschungsförderung geholfen. Dafür ist Hornung dankbar, denn ohne diese Mittel hätte sie das Projekt längst aufgeben müssen.
"Meine Stelle am Institut läuft noch gut zweieinhalb Jahre", erzählt sie. "Ich bin mittlerweile in ganz Europa unterwegs und halte Vorträge." Das Thema interessiert die Menschen und auch die Medien springen darauf an. Aber wenn es um Geld für die Grabungen geht ... "Da rede ich mir immer wieder den Mund fusselig."