Exzellente Physik für Groß und Klein

13. April 2018

Der Exzellenzcluster "Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter", kurz PRISMA, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) steht nicht nur für herausragende Forschung und Lehre in der Astroteilchen-, Hochenergie- und Hadronenphysik, der Kernchemie sowie der Präzisionsphysik mit ultrakalten Neutronen und Ionenfallen. Mit einer breiten Palette von Angeboten wendet er sich an Schülerinnen und Schüler, an Studieninteressierte und Studierende sowie darüber hinaus an die breite Öffentlichkeit – um zu zeigen, was PRISMA ist, was der Exzellenzcluster leistet und welche Möglichkeiten er eröffnet.

"Auch für dieses Jahr planen wir einiges", kündigt Dr. Silke Schmidt an. "Wir wollen noch verstärkter nach außen kommunizieren, was wir hier tun. Das ist unsere Marschrichtung für 2018." Bei ihr laufen die Fäden für die Öffentlichkeitsarbeit des Mainzer Exzellenzclusters PRISMA zusammen, darunter auch der Bereich "Outreach". Hier kümmert sich ein eigenes Team darum, wie sich der Physik-Cluster am besten in der Öffentlichkeit darstellt, wie es sich zur Sprache bringt, aber auch, wie es kluge und fähige Köpfe für sich gewinnt.

Dass in diesem Bereich viel geschieht und bereits in der Vergangenheit ständig Neues entwickelt wurde, dafür stehen bei PRISMA neben Schmidt noch zwei weitere Mitarbeiter: Dr. Christian Schneider, verantwortlich für Schülerprojekte und Wissenschaftskommunikation, sowie Dr. Kevin Anding, zuständig für Studierendenmarketing und Recruiting.

"Meine Stelle war damals für Schülerprogramme ausgeschrieben", erinnert sich Schneider. "Daraus ist dann einiges mehr geworden. Vor allem die Wissenschaftskommunikation nimmt inzwischen viel Raum ein." Der studierte Physiker kam vor vier Jahren an die JGU. "Natürlich gab es schon lange Schülerprogramme in der Physik, auch vor PRISMA. Aber mit der Gründung des Exzellenzclusters eröffneten sich tolle neue Möglichkeiten."

Umfangreiches Schülerprogramm

Eines dieser Programme ist zum Beispiel die erfolgreiche Reihe "Physik am Samstag". Sie feiert in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag und gehört bis heute fest zu Schneiders Repertoire an Formaten. Darin präsentieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ausführlichen und durchaus anspruchsvollen Vorträgen ihr Fachgebiet. Es geht um Teilchenphysik, um Atmosphärenforschung oder um die Entstehung des Universums. Ergänzend bietet die Reihe auch Workshops und Führungen, etwa im Teilchenbeschleuniger MAMI auf dem Gutenberg-Campus oder bei der GSI in Darmstadt an. Um die 100 junge Leute kommen zu jeder Veranstaltung, viele sind bereits Stammgäste.

"Der persönliche Kontakt ist in diesem Bereich ganz wichtig", betont Schneider. "Wir bauen Bekanntschaften auf und bilden Netzwerke. Nicht wenige unserer heutigen Physik-Studierenden waren vorher mal bei 'Physik am Samstag'."

Ein noch recht junges Beispiel für das erfolgreiche Angebot der Mainzer Physik für Schülerinnen und Schüler ist die Teilchenphysik-Akademie, zu der das PRISMA-Team um Prof. Dr. Matthias Schott in diesem Jahr zum dritten Mal einlädt. Dort kommen Schülerinnen und Schüler für zwei Wochen zusammen, um Lehre und Forschung auf hohem Niveau zu erleben. Sie führen sogar eigene Experimente am MAMI, dem Mainzer Mikrotron, durch. "Wir werben bewusst nur an einigen ausgewählten Schulen für die Akademie, dafür aber deutschlandweit", erzählt Schneider. "Es stehen 20 Plätze zur Verfügung, bisher haben wir aber jedes Mal sehr viel mehr Bewerbungen erhalten und bekommen stets eine außerordentliche positive Resonanz der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler."

"Wir haben einen starken Fokus auf junge Zielgruppen gelegt", bekräftigt Schmidt, "und wir sehen, dass es hervorragend funktioniert." Schneider nimmt den Faden auf. "Wir haben auch gemerkt: Wenn wir Physik unter die Leute bringen wollen, reicht es nicht, dass wir zu Veranstaltungen an die Uni einladen. Wir müssen selbst hinausgehen, in die Schulen, in die Klassen, in Physik-AGs. Für Lehrkräfte ist es meist enorm aufwendig, mit einer Klasse zu einer unserer Veranstaltungen anzureisen – also packen wir unsere Experimente einfach ein und fahren mit unserem Physik-Mobil hin."

Weltrekord, Wissenschaftsmarkt, ZoomIn

Das Physik-Mobil rollt schon seit einiger Zeit in Richtung Schulen. "Neuerdings kooperieren wir mit einem Autokonzern, der uns einen passenden Wagen zur Verfügung stellt. Dadurch ist vieles einfacher geworden. Die Lehrerinnen und Lehrer sind froh über diesen besonderen Input. Das Physik-Mobil wird immer beliebter."

Doch Dr. Christian Schneider kümmert sich nicht nur um Schülerinnen und Schüler. Auch auf dem Wissenschaftsmarkt, der alljährlich vor dem Mainzer Staatstheater stattfindet, ist Schneider für PRISMA mit von der Partie. "Dort versuchen wir, hochkomplexe Physik herunterzukochen und mit einfachen Exponaten so darzustellen, dass sie jeder versteht." – "Beim Wissenschaftsmarkt stehen dann tatsächlich unsere Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an den Ständen, um ihre Forschung zu erklären", ergänzt Schmidt. "Das gibt dem Ganzen noch mal eine besondere Note."

In ganz vielfältigen Formen und Formaten tragen die JGU und ihr Exzellenzcluster PRISMA verschiedenste physikalische Themen vom Campus hinunter in die Stadt. So stehen etablierte Vortrags- und Veranstaltungsreihen wie "Physik im Theater" und "Physik in der Kneipe" regelmßig im Terminplan der Stadt. Jenseits davon aber macht PRISMA auch mit medialen Ereignissen auf sich aufmerksam. So baute im Juni 2017 ein Physiker-Team um Schneider, unterstützt von Schülerinnen und Schülern von zwei Mainzer Gymnasien, den größten magnetischen Kugelbeschleuniger der Welt auf den Straßenbahnschienen am Gutenberg-Campus auf. Rund 1.000 große und kleine, junge und alte Besucherinnen und Besucher säumten die in Anlehnung an die Wiedereröffnung der JGU im Mai 1946 auf 546 Meter festgelegte Wegstrecke des Kugelbeschleunigers, die für den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde zurückzulegen war, drückten kräftig die Daumen und jubelten, als der Weltrekord glückte und durch die Rekordrichterin offiziell bestätigt wurde.

"So ein Rekord wirkt lange nach", erzählt Schneider. Das Fernsehen war da, es gab viele Radio- und Zeitungsberichte. Schneider wurde in der Folge zusammen mit einem Kollegen als Kandidat zur SWR-Quizshow "Die Quizhelden" eingeladen. Auch hier war das PRISMA-Team erfolgreich und erspielte 2.000 Euro Preisgeld, das nun den Schülerinnen und Schülern der beteiligten Schulen zugute kommt. "Ich bekomme inzwischen sogar Anrufe der Presseagentur DPA, wenn es darum geht, Physik an Kinder zu vermitteln." Auch auf solchen Wegen bringt sich PRISMA ins Gespräch. Der Exzellenzcluster stärkt seine Marke.

Doktoranden aus aller Welt

Dr. Kevin Anding arbeitet auf einem ganz anderen Gebiet. "PRISMA sucht die Spitzenforscherinnen und -forscher von morgen", erklärt er. "Dafür präsentieren wir den Exzellenzcluster an Universitäten, die Rang und Namen haben." International ist Mainz noch nicht überall als Ort für physikalische Spitzenforschung bekannt. "Dabei können wir uns sehen lassen. Das Rhein-Main-Gebiet ist eine Metropolregion, wir haben ein hochkarätiges Studium, bei dem keine Studiengebühren anfallen, und nur 30 Kilometer entfernt einen großen internationalen Flughafen. Diese Vorteile müssen wir kommunizieren."

Der Exzellenzcluster wirkt bereits als Magnet: Mit seinen außergewöhnlichen Forschungsperspektiven lockt PRISMA viele herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Mainz. Ihr Name und ihr Ruf wiederum nutzen bei der Anwerbung von Doktorandinnen und Doktoranden. Prof. Dr. Dmitry Budker etwa wechselte von der US-amerikanischen Elite-Universität Berkeley an die JGU. "Mit seiner Hilfe konnten wir die Angebote unseres Clusters auch in Berkeley präsentieren und vor Ort Studierende rekrutieren", erzählt Anding.

Ihm geht es darum, künftige Doktorandinnen und Doktoranden für die JGU zu begeistern und zu gewinnen. Dafür reist Anding auch auf internationale Karrieremessen. "Wir sprechen insbesondere hochqualifizierte Studierende an, die sich schon sehr genaue Forschungsinteressen für Auslandsaufenthalte formulieren", sagt Anding. So suchten viele vor allem Laborerfahrung. "Wenn ich zum Beispiel an der University of Glasgow unser Internship-Programm, ein mehrwöchiges Praktikum, anbiete, erfahre ich immer wieder, dass die Studierenden die praktische Anwendung von Gelerntem in unseren hochwertigen Laboren sehr anspricht."

Wer dann nach Mainz zu PRISMA kommt, erlebt Physik in einer ganz besonderen Atmosphäre: "Ich habe selten erlebt, dass sich Spitzenforscherinnen und -forscher so persönlich um junge Leute und Talentförderung kümmern wie hier", meint Schmidt. An Ereignissen wie dem campusweiten Tag der offenen Tür stehen die Fachleute auch den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort. "Hier zieht sich niemand zurück in seinen Elfenbeinturm – im Gegenteil: Alle sind mittendrin und kümmern sich. Diese besondere Begeisterung für Physik wollen wir in unserer Arbeit transportieren."