Kunst in Kürze

2. Juni 2025

Das DigiCurate-Lab am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) lädt mit seinem Projekt "Kunst in Kürze" dazu ein, ästhetische Momente im und am Georg Forster-Gebäude auf dem Campus mobil zu erkunden.

Die bronzene Gedenktafel hängt auf Augenhöhe, dennoch zieht das Kunstwerk nicht unbedingt die Blicke auf sich. In der Eingangshalle des Georg Forster-Gebäudes, kurz GFG, ist viel los, Hunderte Studierende eilen täglich hier hindurch. Nur ausnahmsweise bleibt mal jemand stehen, mustert den Namenszug unter dem Relief oder streicht vielleicht kurz mit der Hand über das Porträt mit der mittlerweile schon recht blanken Nasenspitze.

Seit einigen Tagen jedoch fällt ein greller, pinkfarbener Aufkleber mit QR-Code unter der Tafel ins Auge. Er verspricht "Kunst in Kürze". Ein Griff zum Handy, schnell den QR-Code scannen – und schon öffnet sich eine neue Wissenswelt: "The Man, the Myth, the Legend – Wer war Georg Forster?" ist dort als Schlagzeile zu lesen. Wer einen kleinen Moment Zeit investiert, erfährt hier, wer der Namensgeber des Forster-Baus war und wer die Künstlerin, die ihn in Bronze goss.


Zum Leben von Georg Forster und zu den Kunstwerken in dem nach ihm benannten Gebäude auf dem Gutenberg-Campus gibt es über die pinkfarbenen Aufkleber viel zu entdecken. (Foto: Stefan F. Sämmer)
Zum Leben von Georg Forster und zu den Kunstwerken in dem nach ihm benannten Gebäude auf dem Gutenberg-Campus gibt es über die pinkfarbenen Aufkleber viel zu entdecken. (Foto: Stefan F. Sämmer)

Niederschwellig Kunst vermitteln

"Wir wollen mit unserem Projekt niederschwellig an Kunstwerke heranführen", erklärt Jana Dennhard. "Wir tun das auf spielerische Weise. Wir möchten catchy sein, aber die kunsthistorische Perspektive ist uns natürlich wichtig." Die allerdings steht bei "Kunst in Kürze" zuerst einmal nicht im Vordergrund: Gemeinsam mit Prof. Dr. Elke Werner, Nadine Krüger, Sophia Renz, Nele Strohm, und Julia Wiens hat Dennhard acht Exponate im und am Forster-Bau ausgesucht, um sie den Menschen näher zu bringen.


Das Team des DigiCurate-Lab möchte spielerisch an die Kunstwerke im Georg Forster-Gebäude heranführen: (v.l.) Nadine Krüger, Sophia Renz und Jana Dennhard. (Foto: Stefan F. Sämmer)
Das Team des DigiCurate-Lab möchte spielerisch an die Kunstwerke im Georg Forster-Gebäude heranführen: (v.l.) Nadine Krüger, Sophia Renz und Jana Dennhard. (Foto: Stefan F. Sämmer)

"Wir haben die Beiträge so aufgebaut, dass man zuerst knapp formulierte Informationen bekommt", berichtet Renz. "Jedes Objekt hat einen eigenen One-Pager, der zum Weiterlesen anregt." Kurze Beiträge liefern Hintergründe, Zitate oder werfen Fragen auf. "Von dort aus bieten wir dann verschiedene Möglichkeiten, selbst zu recherchieren. Dafür gibt es Links und Literaturtipps." Per Gebäudegrundriss wird zudem auf weitere Exponate im GFG verwiesen. "Es gibt keine App, man muss nichts herunterladen. Es soll alles so einfach wie möglich sein."


Infotafeln mit QR-Code laden zum weiteren Erkunden der einzelnen Kunstwerke ein. (Foto: Stefan F. Sämmer)
Infotafeln mit QR-Code laden zum weiteren Erkunden der einzelnen Kunstwerke ein. (Foto: Stefan F. Sämmer)

"Auf dem Gutenberg-Campus gibt es eine ganze Reihe interessanter Kunstwerke, sie werden aber oft nicht wahrgenommen oder missverstanden", so Krüger. "Den großen Moses-Abguss in der Forster-Bibliothek zum Beispiel halten viele für eine Darstellung von Johannes Gutenberg." Diese Fehlannahme kann nun mithilfe des pinkfarbenen "Kunst in Kürze"-Aufklebers berichtigt werden und so ist zu erfahren, das die "Top-Figur mit Rauschebart" eben nicht den Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und Namensgeber der JGU zeigt, sondern Moses von Michelangelo.

Innovative Lehrprojekt zu digitalem Kuratieren

Krüger, Renz und Dennhard gehören zum Team des DigiCurate-Lab, einem Projekt, das Kenntnisse und Erfahrungen zum digitalen Kuratieren in den Kunst- und Kulturwissenschaften vermittelt. Es wurde im Jahr 2024 von Prof. Dr. Elke Werner am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der JGU ins Leben gerufen. "Das Projekt ist zeitlich beschränkt, da wir für zwei Jahre von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre, kurz StIL, gefördert werden," erklärt Dennhard.

"Das DigiCurate-Lab bietet Seminare und Workshops, um Studierenden zu vermitteln, wie digitaler Wissenstransfer in sogenannten GLAM-Einrichtungen – Galerien, Bibliotheken, Archiven und Museen – funktioniert. Dabei bringen wir unsere Berufserfahrung in Bereichen wie Kunst- und Datenmanagement ein. Es ist uns ein Anliegen, sehr praxisbezogen zu arbeiten." Die Veranstaltungen sind gut nachgefragt. "Als Team können wir uns den Luxus leisten, die Studierenden sehr individuell zu betreuen. Wir bieten ihnen Raum zum spielerischen Lernen, zum Ausprobieren."


In Seminaren und Workshops für Studierende vermitteln Sophia Renz und das Team des DigiCurate-Lab Wissen rund um digitales Kuratieren in den Kunst- und Kulturwissenschaften. (Foto: Stefan F. Sämmer)
In Seminaren und Workshops für Studierende vermitteln Sophia Renz und das Team des DigiCurate-Lab Wissen rund um digitales Kuratieren in den Kunst- und Kulturwissenschaften. (Foto: Stefan F. Sämmer)

Mit "Kunst in Kürze" zeigt das DigiCurate-Lab-Team einen Weg auf, Kunst digital unter die Leute zu bringen. "Wir sind an der JGU auf die große Blase Georg Forster-Bau gestoßen", erzählt Dennhard. "Hier gibt es viel Kunst, aber die meisten wissen nicht, wo die einzelnen Objekte zu finden sind. Manchmal sind sie sich nicht mal sicher, ob es sich überhaupt um Kunst handelt." Das gilt auch für ein Stück Treppengeländer aus dem alten Bau des Instituts für Kunstgeschichte, das nun vor dem Studierendensekretariat der Abteilung Kunstgeschichte hängt. Unter der Headline "Kleiderhaken oder Flur-Skulptur?" ist per QR-Code Genaueres zu erfahren.

Campus-Kunst wiederentdecken

Das Thema Kunst auf dem Campus war lange nicht wirklich präsent an der JGU. Dies änderte sich allerdings durch das Engagement von Kunsthistoriker Dr. Klaus T. Weber, der dazu bereits vor einigen Jahren Seminare anbot. Im Jahr 2021 erschien schließlich ein grundlegender Aufsatz von Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra in der Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum der Wiedereröffnung der JGU. Er gilt als Ausgangspunkt für weitere Recherchen, in die sich unter anderem Dr. Justus Jonas, Mitarbeiter der Sammlungskoordination der Universitätsbibliothek Mainz (UB), einschaltete, der gemeinsam mit Weber Führungen, Lehrveranstaltungen und Künstlergespräche zu Exponaten auf dem Gelände der JGU anbietet und sich seit einigen Monaten intensiv für die Beschilderung und Kontextualisierung der Kunstwerke auf dem Campus einsetzt. Gemeinsam mit der Eröffnung von "Kunst in Kürze" feiert die Sammlungskoordination daher mit den neu angebrachten Bildlegenden für den Moses und die Mosaiken im GFG den Auftakt einer größer angelegten Initiative zur Stärkung der Kunst auf dem Campus.

"Klaus Weber hat uns inhaltlich sehr geholfen, er hatte auf alle unsere Fragen stets eine Antwort", erzählt Krüger. Auch sonst fand das DigiCurate-Lab-Team viel Unterstützung: Durch die Kooperation mit REMIX, dem digitalen Schaufenster der Universitätsbibliothek Mainz, wurde "Kunst in Kürze" überhaupt erst möglich. "Dort sind wir mit Robert Arning und Dr. Oliver Eberlen ins Gespräch gekommen, die uns ganz neue Zugänge vermittelt haben, wie wir Inhalte speziell für ein digitales Informationsangebot aufbereiten können. Und das REMIX-Portal der UB hat uns hervorragende technische Umsetzungsmöglichkeiten geboten."


Dr. Oliver Eberlen und das REMIX-Team der Universitätsbibliothek Mainz haben die technische Umsetzung des Projekts "Kunst in Kürze" unterstützt. (Foto: Stefan F. Sämmer)
Dr. Oliver Eberlen und das REMIX-Team der Universitätsbibliothek Mainz haben die technische Umsetzung des Projekts "Kunst in Kürze" unterstützt. (Foto: Stefan F. Sämmer)

Nun fügt sich "Kunst in Kürze" als jüngstes Puzzleteil in die Bemühungen ein, die Kunstwerke auf dem Gutenberg-Campus mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken: Acht pinke Aufkleber laden ein, Stockbilder und Mosaiken, einen Phoenix oder ein Pokerface zu entdecken. Auf geht's!

Text: Gerd Blase