Was Studierende brauchen, um ihren Weg zu finden

13. Dezember 2024

Der Career Service der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) unterstützt Studierende auf ihrem Weg in die Berufswelt. Dr. Martin Becker und Thomas Kording erzählen, was der Service über Kooperationen mit Unternehmen und Kommunen, über die internationale Hochschulallianz FORTHEM oder gemeinsam mit hessischen Kolleg*innen auf die Beine stellt.

Die Beratung beginnt schon früh im Studium – falls die Studierenden es wünschen. "Im Grunde haben wir ab dem ersten Semester Angebote im Programm", erzählt Dr. Martin Becker. "Dabei muss es noch gar nicht darum gehen, was die Studierenden mit ihrem zukünftigen Abschluss tun wollen. Wir helfen zum Beispiel auch, wenn es um Nebenjobs geht." – "Uns ist dabei allerdings immer wichtig, dass wir den Menschen, die zu uns kommen, nicht einfach sagen: Mach dies oder mach das!", meint Thomas Kording. "Sie sollen selbst herausfinden, was sie tun wollen, was zu ihnen passt. Wir begleiten sie in der Selbstreflexion und beim Orientierungsprozess. Und wir zeigen ihnen, was es überhaupt an Möglichkeiten gibt."


Thomas Kording (l.) und Dr. Martin Becker gehören zum fünfköpfigen Team des Career Service der JGU, der Studierende auf ihrem Weg in die Berufswelt unterstützt. (Foto: Peter Pulkowski)
Thomas Kording (l.) und Dr. Martin Becker gehören zum fünfköpfigen Team des Career Service der JGU, der Studierende auf ihrem Weg in die Berufswelt unterstützt. (Foto: Peter Pulkowski)

Der Career Service der JGU versteht sich als zentrale Anlaufstelle zu Fragen der Berufsorientierung, als Schnittstelle zwischen Studierenden und Unternehmen. Seit seiner Gründung im Jahr 2009 hat das fünfköpfige Team eine ganze Reihe von Projekten und Kooperationen ins Leben gerufen. "Es ist völlig klar, dass viele unserer Studierenden nicht in der akademischen Forschung bleiben werden", so Becker. "Zugleich bietet ihnen das Studium keine Berufsausbildung im engeren Sinne, und die meisten Studiengänge führen auch gar nicht explizit zu einem bestimmten Beruf hin." Es ist also mitunter gar nicht so einfach zu sagen, wohin es nach der Zeit an der Universität gehen soll. "Hier kommt unser Career Service ins Spiel", sagt Kording. "Wir bieten Workshops an, Seminare, Veranstaltungen wie unsere Jobmesse und einiges mehr – wobei die individuelle Beratung unser Kerngeschäft bleibt. In diesem Bereich ist die Nachfrage am größten."

Karriere in der Region und in Europa

Einige Projekte, wo in den vergangenen Jahren besonders viel passiert ist, lassen Kording und Becker Revue passieren: "Für die Veranstaltungsreihe 'Karriere in der Region' arbeiten wir mit der Hochschule Mainz und der Wirtschaftsförderung der Stadt zusammen", beginnt Martin Becker. "Es geht darum, Studierende an kleine und mittlere Unternehmen heranzuführen. Gerade die Wirtschaftsförderung wünscht sich, dass gut Ausgebildete in der Region bleiben. Dies ist ein Weg, sie dafür zu interessieren. Wir schaffen zweimal im Jahr eine Plattform: Wir suchen zu einem bestimmten Themenschwerpunkt maximal sechs Unternehmen heraus, die sich jeweils kurz vorstellen. Damit haben die Studierenden schon mal erste Infos und können dann bei einer ersten Kontaktaufnahme gezielt Fragen stellen: Wie sieht der Arbeitsalltag aus? Was sollte man für den Job mitbringen? Es geht dabei nicht immer nur um Fachwissen. Unternehmen schauen auch auf andere Qualifikationen." Bisher standen Themen wie Umweltschutz oder Medizin auf dem Programm, zuletzt ging es im Oktober 2024 um Consulting.

"Wir fragen uns immer auch, wie die Universität in der Gesellschaft wirkt. Was können wir zum Beispiel ganz konkret gegen den Fachkräftemangel tun? 'Karriere in der Region' funktioniert hier sehr gut. Der recht intime Rahmen wirkt sich günstig aus. Wir erzielen sehr konkret Ergebnisse. Dabei muss es nicht immer gleich ein Job sein, oft entstehen auch Praktika aus diesem ersten Kennenlernen", ergänzt Becker.


"Im Grunde haben wir ab dem ersten Semester Angebote im Programm", erzählt Dr. Martin Becker. "Dabei muss es noch gar nicht darum gehen, was die Studierenden mit ihrem zukünftigen Abschluss tun wollen. Wir helfen zum Beispiel auch, wenn es um Nebenjobs geht." (Foto: Peter Pulkowski)
"Im Grunde haben wir ab dem ersten Semester Angebote im Programm", erzählt Dr. Martin Becker. "Dabei muss es noch gar nicht darum gehen, was die Studierenden mit ihrem zukünftigen Abschluss tun wollen. Wir helfen zum Beispiel auch, wenn es um Nebenjobs geht." (Foto: Peter Pulkowski)

Seit 2019 ist die JGU Mitglied in der Hochschulallianz FORTHEM, zu der Partneruniversitäten in Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Norwegen, Polen, Rumänien und Spanien gehören. "Auch an diesem Projekt sind wir beteiligt", erklärt Thomas Kording. "Wir setzen dabei zwei Schwerpunkte." Zum einen geht es darum, internationalen Studierenden bei der Praktikums- und Jobsuche zu helfen. "Das funktioniert in jedem Land etwas anders. Deswegen erklären wir den Studierenden in unseren Angeboten ganz grundsätzlich, wie Jobsuche in Deutschland vor sich geht, und bieten Möglichkeiten, Arbeitgeber kennenzulernen, die Interesse an internationalen Talenten haben. Außerdem tauschen wir uns mit den Kolleg*innen der Partneruniversitäten aus, was wichtig ist. Wir bieten auch Kurse zu Soft Skills an. Dafür haben wir mittlerweile einen internationalen Pool aus Dozent*innen der beteiligten Hochschulen geschaffen."

Service Learning

Mit einem Angebot zum Service Learning wendet sich der Career Service ebenfalls, allerdings nicht ausschließlich an die Studierenden der Hochschulallianz FORTHEM. "Hier können sie sich über einen begrenzten Zeitraum in einem gemeinnützigen Projekt engagieren", so Becker. "Dafür haben wir uns Kooperationspartner aus dem Bereich Ehrenamt gesucht. In einem Projekt mit dem Weltladen-Dachverband ging es etwa darum, ein Social-Media-Angebot zu realisieren. Die Studierenden konnten sehr selbstständig arbeiten. Sie entschieden selbst, was sie umsetzen wollten und wie sie es Schritt für Schritt organisierten. Die meiste Arbeit geschah online, aber wir konnten die Studierenden auch für eine Woche nach Mainz einladen. Am Ende entstand eine Kampagne, die der Weltladen-Dachverband auf seinen Social-Media-Kanälen nutzen konnte."

Der Career Service sucht ständig nach weiteren Kooperationspartnern, die sich für das Service-Learning-Programm eignen. "Unter anderem kooperieren wir bereits mit dem Ehrenamtsbüro der Stadt Mainz und mit dem Stadtjugendring, für den Studierende die Mainzer Demokratiemesse im kommenden Jahr mitgestalten können."


Der Career Service der JGU bietet Workshops an, Seminare, Veranstaltungen und einiges mehr. "Aber", so Thomas Kording, "die individuelle Beratung bleibt unser Kerngeschäft. In diesem Bereich ist die Nachfrage am größten". (Foto: Peter Pulkowski)
Der Career Service der JGU bietet Workshops an, Seminare, Veranstaltungen und einiges mehr. "Aber", so Thomas Kording, "die individuelle Beratung bleibt unser Kerngeschäft. In diesem Bereich ist die Nachfrage am größten". (Foto: Peter Pulkowski)

Als drittes Projekt nennt Becker den International Career Service Rhein-Main: "Offiziell sind daran die hessischen Hochschulen beteiligt, aber die Idee entstand bei einem Treffen einer Career-Service-Regionalgruppe, an dem auch wir teilnahmen. Wir waren also in die Gründung und die Konzeption des Projekts involviert – und sind aktuell assoziierte Partner." Hier stehen Studierende aus anderen Ländern im Fokus, die an einer der Hochschulen im Rhein-Main-Gebiet eingeschrieben sind. "Oft wissen sie weniger über den hiesigen Arbeitsmarkt als ihre deutschen Kommiliton*innen, auch stellt sich, wenn sie hier einen Job suchen, die Frage nach der Sprachkompetenz. Sie haben also noch einmal besondere Hürden zu nehmen, wobei wir sie unterstützen wollen." Im Grunde geht es auch diesmal um die Bindung hochqualifizierter Fachkräfte an die Region.

International Career Service Rhein-Main

Der International Career Service Rhein-Main rief unter anderem eine "Matching Week", eine Online-Karrierewoche für Studierende mit internationalem Profil oder Migrationsgeschichte ins Leben, wo sie im 1:1-Gespräch auf potenzielle Arbeitgeber*innen treffen. Doch Becker hebt noch einen weiteren Aspekt der Initiative hervor: "Repräsentant*innen der Hochschule setzen sich mit Wirtschaftsvertreter*innen zusammen und besprechen, was ein Unternehmen leisten kann, um die Hürden für internationale Studierende abzubauen: Was brauchen solche Bewerber*innen? Was fällt ihnen schwer? Wo kann ein Umdenken im Betrieb helfen?"

"Gerade schauen wir, wie wir uns mehr an dem hessischen Projekt beteiligen können", erzählt Kording. "Denn ich habe oft internationale Studierende im Beratungsgespräch, die sich fragen, ob sie nach dem Studium in Deutschland bleiben können. Sie sind super dankbar für jeden Tipp, den wir ihnen geben können, und soweit wir es leisten können, möchten wir ihnen auf ihrem Weg helfen und ihnen viele Möglichkeiten aufzeigen." Hier könnte der Career Service der JGU gemeinsam mit den Hessen noch mal einen Schritt nach vorn gehen.

Text: Gerd Blase