25. August 2025
Außerschulische Lernorte sollen Begeisterung für Wissenschaft wecken. Im praktischen Ausprobieren und Entdecken jenseits des Klassenzimmers sind die Angebote eine wichtige Ergänzung zum Lehrstoff im Schulunterricht. Genau dieser Ansatz hat Tradition an der JGU: Gleich zwei Angebote für Schüler*innen an der JGU – das NaT-Lab und die Grüne Schule im Botanischen Garten – feiern in diesem Jahr besondere Jubiläen.
Konzentriert halten die jungen Schüler*innen ihre Reagenzgläser gegen das Licht, bewerten die Rotfärbung der darin enthaltenen Flüssigkeit. "Anhand der Färbung ermitteln wir die Koordinationszahl eines Eisenkomplexes. Das ist Teil eines Experiments zum Thema Komplexchemie, bei dem genaues Arbeiten und Pipettieren gefragt sind", erklärt Dr. Christa Welschof. Sie leitet das NaT-Lab für Schülerinnen und Schülern an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU).

Das Schülerlabor auf dem Gutenberg-Campus ist ein heller Raum, professionell ausgestattete Arbeitsplätze reihen sich aneinander. An diesem Tag ist ein elfköpfiger Leistungskurs Chemie der Klassenstufe 12 aus Mutterstadt mit Lehrerin Katja Meier zu Gast. "Die Komplexchemie ist abiturrelevant. Für uns ist es eine tolle Chance, hier im NaT-Lab die entsprechenden Experimente ganz praktisch durchführen zu können", so die Pädagogin.
Das NaT-Lab an der JGU gibt es bereits seit dem Jahr 2000, feiert also in diesen Tagen sein 25-jähriges Bestehen. In diesem Vierteljahrhundert ist das Mainzer Schülerlabor zum überregionalen Leuchtturm der universitären Wissensvermittlung für Kinder und Jugendliche im Bereich der MINT-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – geworden. Jährlich nehmen rund 9.000 Kinder und Jugendliche an den Angeboten in den Fächern Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Mathematik und Physik teil, den Schwerpunkt bildet die Chemie mit beachtlichen rund 4.000 Teilnehmenden.
Dabei ist es gar nicht ungewöhnlich, dass diejenigen, die einmal ein Angebot des NaT-Lab genutzt haben, immer wieder kommen: "Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickeln hier eine kontinuierliche Begeisterung für Naturwissenschaften", freut sich Dr. Christa Welschof. Da kommt es auch vor, dass irgendwann JGU-Doktoranden der Chemie einen Kurs betreuen, die als Kind selbst im NaT-Lab experimentiert haben. Oder ehemalige Lehramtsstudierende kommen nun mit ihren eigenen Schulklassen ins NaT-Lab zurück.

Ein Klassenzimmer im Grünen
Ein weiteres seit nunmehr 15 Jahren gern und viel genutztes Schülerangebot auf dem Campus ist die Grüne Schule im Botanischen Garten. Zur Gründung im Jahr 2010 wurde das Projekt mit einem Neubau ausgestattet, dessen Grundriss passenderweise von der Form eines Keimlings mit Keimwurzel inspiriert ist. "Der Bau ist damals eigens nach unseren Bedürfnissen geplant und gebaut worden", erinnert sich Dr. Ute Becker, Leiterin der Grünen Schule. "Das bietet uns optimale Möglichkeiten, die Architektur und Einrichtung auf die Bedürfnisse der Schulklassen abzustimmen."
Genutzt wird das Klassenzimmer auf dem Gelände des Botanischen Gartens aber auch für die Erwachsenenbildung, zum Beispiel bei Vorträgen. "An der Schnittstelle zwischen Schule und Hochschule finden zudem verschiedene Lehrveranstaltungen statt, die das Arbeiten in und mit außerschulischen Lernorten zum Thema haben. Die Studierenden arbeiten anschließend oft aktiv im Team der Grünen Schule, sowohl konzeptionell als auch bei der Durchführung der Bildungsveranstaltungen", berichtet Becker.

Mitte Juni 2025 waren Schüler*innen vom Campus Klarenthal mit Lehrer Robin Zenz zu Gast in der Grünen Schule. Die Jugendlichen der Klassenstufe 12 gehören zu einem Biologie-Leistungskurs und einem Biologie-Grundkurs. Auf dem Tagesprogramm stand das Thema Anpassung im Pflanzenreich: Welche Strategien haben verschiedene Pflanzen, um sich an die spezifischen Bedingungen ihrer Lebensräume vom tropischen Urwald bis zur Wüste anzupassen? "Das Thema können wir hier bedeutend besser untersuchen als im Schulunterricht", ist Biologielehrer Zenz überzeugt. Denn neben der Arbeit mit Mikroskop und Petrischale steht das Entdecken im Botanischen Garten selbst im Fokus. Hier sind die Jugendlichen in Kleingruppen unterwegs und untersuchen Pflanzen bei verschiedenen äußeren Bedingungen – bis hin zur feuchtwarmen Dämmerung des tropischen Regenwalds im Gewächshaus.
"Es ist unglaublich wichtig, dass wir im Botanischen Garten die Pflanzen ganz genau in den Blick nehmen können", ergänzt Dr. Ute Becker. "Hier können wir in verschiedene Klimazonen und botanische Lebenswelten geradezu eintauchen." Das praxisnahe Erleben der mit viel Engagement gepflegten Anlage steht auch im Fokus anderer Bildungsangebote der Grünen Schule und des Botanischen Gartens. So finden fast das ganze Jahr über spannende Sonntagsführungen zu verschiedenen Themen rund um die Botanik statt.

Früh die Begeisterung für Wissenschaft wecken
Von außerschulischen Bildungsorten profitieren Schulen und Universität gleichermaßen. So entstand auch das NaT-Lab vor 25 Jahren aus dem Impuls heraus, junge Menschen für Naturwissenschaften und bestenfalls letztlich für ein Studium an der JGU zu begeistern. Auch andere Schnittstellen zwischen Schule und Universität sind um die Jahrtausendwende entstanden, so etwa die KinderUni.
Dr. Christa Welschof erinnert sich zurück an die Anfänge des NaT-Lab, das bis 2011 noch andernorts auf dem Campus untergebracht war. "In den ersten Jahren hatten wir keine festen Laborräume und auch keine ausreichende, dauerhafte Personalausstattung." Doch das Angebot entwickelte sich rasant, zog 2011 in neue Räumlichkeiten um und die Zahl an Schulklassen und anderen interessierten Besuchergruppen stieg weiterhin kontinuierlich an.
Heute gibt es Angebote für Kinder und Jugendliche ab Klassenstufe 3 bis zur Oberstufe. In der Schulzeit sind vor allem Projekte mit Bezug zum jeweiligen Lehrplan gefragt, auch Crashkurse für die Abitur- und Studienvorbereitung werden angeboten. Darüber hinaus lädt das NaT-Lab auch zu Forschertagen, Ferienakademien und Nachmittagsveranstaltungen ein. Hier steht eine breite Themenpalette von Kriminaltechnik und Klimaschutz bis hin zu Materialforschung und pharmazeutischer Technologie zur Auswahl.
Das NaT-Lab zählt mittlerweile rund 20 wissenschaftliche Hilfskräfte, sowohl aus den Lehramts- als auch aus den regulären naturwissenschaftlichen Studiengängen der JGU. "Für die Lehramtsstudierenden bietet die Mitarbeit im Schülerlabor interessante Möglichkeiten, selbst Erfahrungen in der Fachdidaktik zu sammeln", erklärt Welschof. Die Bachelor- und Masterstudierenden entwickeln auch selbst neue Versuche, die dann in das Angebot des NaT-Lab einfließen.
Experimente als Zugang zu Wissenschaft
Ein klarer Fokus aufs praktische Experimentieren ist wichtig für den Erfolg der außerschulischen Lernorte. Denn so können die Schulklassen unter optimalen Bedingungen das, was sie im Unterricht bereits durchgesprochen haben, in der Praxis anwenden und vertiefen. "Das weckt Begeisterung und tieferes Interesse. Deshalb kommen Gruppen aus vielen Schulen auch jedes Jahr wieder zu uns", betont NaT-Lab-Leiterin Dr. Christa Welschof.
Für die Grüne Schule ist insbesondere auch der Bezug zur alltäglichen Lebenswirklichkeit der jungen Menschen wichtig. "Uns geht es allgemein um die Bewusstseinsbildung für Themen wie Umwelt, Natur, Nachhaltigkeit und Artenschutz", betont Dr. Ute Becker. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Grünen Schule gehören daher auch Themenfelder wie Konsumgüter, Energiepflanzen bis hin zu Kaffee und Kakao. Um solche Produkte mit hohem Alltagsbezug zu betrachten, arbeitet die Grüne Schule unter anderem mit dem Weltladen in Mainz zusammen.
Rund 3.000 Schülerinnen und Schüler zählt die Grüne Schule jährlich, etwa ein Drittel aus Grundschulklassen: "Es ist wichtig, den Zugang zu Umweltthemen früh zu öffnen und die Begeisterung dafür zu wecken", ist Becker überzeugt. Und nicht zuletzt bewährt sich die Grüne Schule immer wieder auch als Plattform für Studierende, die hier wertvolle didaktische Erfahrungen sammeln können beispielsweise für eine spätere Lehrtätigkeit.
Angebote mit großer Anziehungskraft
Die außerschulischen Lernorte an der JGU, von denen es im Rahmen des junior campus mainz auch noch viele weitere in anderen Disziplinen und Fachgebieten zu entdecken gibt, bieten vielzählige attraktive Möglichkeiten für Klassen verschiedener Altersstufen. Ihre Beliebtheit lässt sich auch an der Größe des Einzugsbereichs messen, der längst nicht nur Mainz und Wiesbaden, Bingen und Ingelheim umfasst. Nicht selten sind auch Schulklassen beispielsweise aus Trier und Ludwigshafen zu Gast. Manche Gruppen verbinden ihren Besuch im NaT-Lab oder der Grünen Schule sogar mit dem Programm ihrer Klassenfahrt. Was für ein schönes Kompliment!
Text: Peter Thomas