31. Oktober 2024
Annika Djolai und Elena Suárez Cronauer vertreten den Forschungsstandort Mainz beim FORTHEM Researcher Grand Prix in Agder in Norwegen. Die Premiere dieses internationalen Science Slams findet am 6. November 2024 statt. Die beiden jungen Wissenschaftlerinnen treffen auf Nachwuchswissenschaftler*innen fünf anderer Universitäten des insgesamt neun Hochschulen umfassenden Netzwerks der FORTHEM Alliance. Für die Teilnahme qualifiziert haben sie sich beim Science Slam der AG Junge Wissenschaft im September 2024.
Vier Minuten pro Auftritt: Mehr Zeit bleibt den Teilnehmenden des ersten FORTHEM Researcher Grand Prix nicht, um ihr Publikum zu überzeugen. "Auf Englisch zu präsentieren sind wir ja gewohnt, aber diese Kürze ist schon eine echte Herausforderung", weiß Annika Djolai. Die 28-jährige Biologin von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat im September 2024 den Science Slam der AG Junge Wissenschaft der MAINZER WISSENSCHAFTSALLIANZ gewonnen. Damit stand für sie das Ticket nach Norwegen fest. Ihr Vortragsthema "Let's talk about sex" beschäftigt sich mit allem rund um das biologische Geschlecht: Wie es entsteht, wie viele Geschlechter es gibt und wie sich diese dynamisch ineinander umwandeln können. Als Zweitplatzierte des Mainzer Wettbewerbs fährt Historikerin Elena Suárez Cronauer, 32, von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (AdW Mainz) ebenfalls zum FORTHEM Researcher Grand Prix. Sie präsentiert mit dem Thema "Weibliche Netzwerke in romantischen Briefen" neue Forschungsansätze zur Rolle von Frauen in der literarischen Produktion um 1800.
Sind die beiden Mainzerinnen aufgeregt vor ihrem Auftritt in der norwegischen FORTHEM-Partneruniversität? "Nein", sagt Elena Suárez Cronauer, "die Vorfreude dominiert ganz klar. Es ist eine tolle Möglichkeit für alle Teilnehmenden, dass so viele Menschen aus verschiedenen Ländern bei diesem lockeren Format zusammenkommen und sich über ihre wissenschaftliche Arbeit austauschen." Und auch Annika Djolai bestätigt: "Klar ist ein Science Slam theoretisch ein Wettbewerb und man stellt sich vor allem selbst die Frage, ob man die eigenen Erwartungen erfüllen wird. Aber es geht bei diesen Veranstaltungen immer sehr freundschaftlich und wohlwollend zu. Ich freue mich auf den Researcher Grand Prix, aber natürlich auch auf Land und Leute."
Der FORTHEM Researcher Grand Prix findet als internationaler Science Slam am 6. November 2024 an der Universität Agder im norwegischen Kristiansand statt. An den Start gehen bei der Premiere dieser internationalen wissenschaftlichen Bühnenshow elf Early-Career Researchers. Sie vertreten sechs der neun FORTHEM-Universitäten, nämlich neben Agder und Mainz auch Dijon (Frankreich), Jyväskylä (Finnland), Opole (Polen) und Riga (Lettland). Inspiriert wurde die Veranstaltung unter anderem vom norwegischen Wissenschaftsfestival Forskningsdagene.
Gute Stimmung, gespannte Neugier
Groß ist die Vorfreude auf den Researcher Grand Prix auch bei Dr. Nicole Birkle, seit 2022 Generalsekretärin von FORTHEM gemeinsam mit Dr. Tanja Herrmann. Beim Slam-Wettbewerb gehört sie der Jury an – zusammen mit einem Wissenschaftsjournalisten und einem Performance-Experten. "Wir haben alle einen sehr unterschiedlichen Blick auf die Präsentationen, die uns da erwarten", so die Archäologin und Wissenschaftsmanagerin. Die Stimmen des dreiköpfigen Gremiums fließen zu 50 Prozent in die Wertung ein. Für die zweite Hälfte ist das Votum des Publikums relevant, das vor Ort und online eingeholt wird. Nicole Birkle hat sich immer wieder intensiv mit Open Science und Wissenschaftskommunikation auseinandergesetzt. In FORTHEM liegt ihr Schwerpunkt auf Forschung, Innovation und Transfer, unter anderem leitet sie die neu gegründete FORTHEM Academy for Early-Stage Researchers, die verschiedene Förder- und Weiterbildungsangebote für Forschende in frühen Karrierestufen organisiert und eben auch den Researcher Grand Prix ausrichtet.
Den ersten FORTHEM Researcher Grand Prix in Norwegen haben federführend die Partneruniversitäten Opole und Agder vorbereitet. Einen Vorgeschmack auf das europäische Event in Agder bekamen Teilnehmende und Publikum am 12. September 2024 beim Science Slam der Arbeitsgemeinschaft Junge Wissenschaft der Mainzer Wissenschaftsallianz (MWA) in der AdW Mainz: ausverkaufter Saal, gute Stimmung, gespannte Neugier auf die Präsentationen. Neben jeweils zwei Slam-Beiträgen von der JGU und der AdW Mainz gab es außerdem einen Beitrag von der Hochschule Mainz und vom Max-Planck-Institut für Chemie. Entsprechend breit gestreut waren die wissenschaftlichen Disziplinen.
Lockerheit, Witz und Begeisterungsfähigkeit für das wissenschaftliche Thema sind Trumpf bei einem Science Slam. Die Form verbindet zeitliche Kürze mit der Herausforderung, ein komplexes Thema allgemeinverständlich auf den Punkt zu bringen. Das unterscheidet sich von den meisten sonst üblichen Präsentationsformen wie Vorträgen. Sehr zufrieden sind die beiden Mainzer Teilnehmerinnen am Researcher Grand Prix daher auch mit den vorbereitenden Workshops, die in Zusammenarbeit mit "science stories" angeboten wurden, der führenden deutschsprachigen Agentur im Bereich Science-Slam-Coaching. "Das hat definitiv viel gebracht," fasst Annika Djolai zusammen. "Vom Fragebogen vorab über den Workshop selbst bis hin zum Austausch mit den anderen Teilnehmenden. Wir haben da eine echte Gemeinschaft gebildet." Der Workshop habe die besonderen Anforderungen des Formats gut herausgearbeitet, berichtet auch Elena Suárez Cronauer: "An der Akademie habe ich schon an der WissKomm Academy teilgenommen, einer Seminarreihe zur Wissenschaftskommunikation, unter anderem mit dem Schwerpunkt Vortragsrhetorik. Aber ein Slam ist eben doch nochmal etwas anderes als ein Vortrag."
Fachlich präzise und allgemeinverständlich
Für die beiden Mainzer Wissenschaftlerinnen war die eigene Teilnahme am Science Slam im September eine Premiere. Bisher hatten sie entsprechende Formate nur als Zuschauerinnen erlebt. Eine Erkenntnis insbesondere aus der intensiven Vorbereitung: Der Austausch unter den sechs Teilnehmenden mit ihren verschiedenen fachlichen Hintergründen war eine gute Übung, um das eigene Thema präzise und doch allgemeinverständlich zu präsentieren. Dann kam schließlich der Moment, selbst auf der Bühne zu stehen.
"Man kann sich bis zu einem gewissen Maß vorbereiten. Am Tag davor habe ich beispielsweise den Saal angeschaut und den Vortrag dort gehalten, um mich mit dem Raum vertraut zu machen", erinnert sich Annika Djolai. Direkt vor dem eigenen Auftritt gab es dann doch eine leichte Anspannung. "Aber als auf der Bühne die ersten ein, zwei Witze gesessen haben, war ich wieder locker. Dann habe ich die Präsentation richtig genossen", so die Biologie-Doktorandin.
Annika Djolai hat in Mainz, Manchester sowie Münster Biologie und Molekulare Biomedizin studiert. Seit 2022 promoviert sie in Evolutionärer Genomik an der JGU. Ihr Vortrag "Let's talk about sex" zeigt unter anderem auf, wie sich Geschlechter dynamisch ineinander umwandeln können. Beim Blaukopfjunker beispielsweise, einem Fisch, dessen Populationen in Haremsstrukturen leben, verwandelt sich nach dem Tod des Männchens das größte Weibchen einer Gruppe zum neuen Männchen. Clownfische hingegen können sich von Männchen zu Weibchen entwickeln und die Blaupunkt-Korallengrundel kann ihr Geschlecht sogar in beide Richtungen umwandeln.
"Ein Science Slam ist ein faszinierendes Format, das sich vom klassischen wissenschaftlichen Vortrag deutlich unterscheidet", sagt Elena Suárez Cronauer über den Vorentscheid in Mainz. "Direkt vor dem Auftritt war ich etwas nervös, obwohl ich schon mehrfach Vorträge gehalten habe. Aber als ich dann auf der Bühne vor dem tollen Publikum stand, war alle Aufregung weg."
Elena Suárez Cronauer hat Geschichte und Archäologie in Mainz und Santiago de Compostela sowie Digitale Methodik in den Geistes- und Kulturwissenschaften in Mainz studiert. Derzeit ist sie an der AdW Mainz wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Forschungsprojekt "Korrespondenzen der Frühromantik. Edition – Annotation – Netzwerkforschung" im Bereich Digital Humanities und promoviert an der Philipps-Universität Marburg. Im Vortrag über weibliche Netzwerke im Briefkorpus der Frühromantikerinnen stellt sie dar, wie Autorinnen und Übersetzerinnen um 1800 aufgrund ihres Geschlechts und den patriarchalen gesellschaftlichen und politischen Strukturen dieser Zeit benachteiligt und marginalisiert wurden. Für einen neuen Blick auf das Thema sorgen digitale Methoden wie die historische Netzwerkanalyse und das theoretische Framework des Data Feminism.
Vorhang auf für den Grand Prix
Gespannt sind die beiden Teilnehmerinnen, gespannt ist auch Nicole Birkle auf die Premiere des FORTHEM Researcher Grand Prix. Sie hat sich für die Rolle als Jurorin intensiv mit dem Format der Science Slams beschäftigt. "Besonders interessant an unserem Researcher Grand Prix finde ich, dass die lokalen Slams in der jeweiligen Landessprache stattgefunden haben, aber das Finale natürlich in englischer Sprache abgehalten wird. Das ist für beide Seiten, die Protagonistinnen und Protagonisten, aber auch für die Jury eine besondere Herausforderung." Für die Arbeit von FORTHEM seien solche wissenschaftlichen Formate mit Event-Charakter sehr wichtig, "denn so etwas schafft Gemeinschaft." Der Researcher Grand Prix sei aber keinesfalls ein reines Spaßevent. Vielmehr bereite er die Nachwuchsforschenden auf die heutige akademische Kommunikation mit Videoabstracts und Medienauftritten vor. "In Agder bieten wir den Finalisten zudem eine internationale Plattform, wodurch sie mit ihren Forschungsprojekten eine größere Sichtbarkeit und eigene große Bühne erhalten."